geräuschvolle geschäfte von RALF SOTSCHECK
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Schon vor dem versuchten Autobombenanschlag auf den Flughafen von Glasgow am vergangenen Samstag hatte es dort eine Art Terroranschlag gegeben: auf die Ohren der Reisenden. Die Verwaltung des Flughafens hatte die Abflughalle versuchsweise mit einer subtilen Mischung aus elektronischer Musik und Vogelgesang beschallt – und siehe da: Die Schotten wurden plötzlich spendierfreudig. Der Umsatz der Läden stieg um zehn Prozent. Wenn die Vögel zwitschern, greift man offenbar gern zum Geldbeutel. Nun soll das Experiment auf einem anderen Flughafen wiederholt werden, aber ohne Vögel. Einige Passagiere waren um die Flugsicherheit besorgt. Wenn in der Abflughalle schon so viele Vögel herumlungerten, wie viele mögen es dann auf dem Rollfeld sein, fragten sie sich und befürchteten, das Federvieh könne sich in den Düsentriebwerken verheddern.

Die Idee für den Verkaufsschlager stammt von Julian Treasure von Sound Agency, einem Unternehmen für Geräuschberatung. Er hat ein Buch darüber geschrieben, wie man durch Musik die Produktivität in Firmen erhöht. Es heißt „Sound Business“. Getreu der englischen Vorliebe für doppeldeutige Begriffe kann das mit „Klanggeschäft“ oder mit „finanziell gesundem Unternehmen“ übersetzt werden. Letzteres ist die Sound Agency von Treasure allemal. Sein Name ist nicht doppeldeutig: Er bedeutet „Schatz“, und den häuft er mit seinen Geräuschdeals an.

„Geräusche beeinflussen Menschen grundlegend“, sagt er. „Sie verändern Stimmungen und Emotionen.“ Mit „Working In The Coal Mine“ von Devo im Kopfhörer macht der Bergbau doppelt Spaß. Am besten man hört: „Working For Nothing“ von Bonecrusher. Dann kann der Chef den Lohn gleich einbehalten.

„Geräusche können sich darauf auswirken, was wir tun, welche Produkte wir wählen oder was wir ausgeben“, sagt Treasure. „Manche Unternehmen geben Millionen für ihr Aussehen aus, aber nichts für ihren Klang.“ Supermärkte seien die schlimmsten. Dabei hätten sie riesige Möglichkeiten, den Sound und damit ihren Umsatz zu verbessern.

Vielleicht mit dem Song „Buy Me New Shoes“ von Buswell? Oder „Buy Me A Rose“ von Luther Vandross? Warum nicht gleich „Buy Me A Zeppelin“ von Macbeth The Great? Allerdings führen die wenigsten Supermärkte diesen Artikel. Dann doch lieber ein allgemeiner Kaufrausch mit „Buy!“ von Birth Control oder gar „Buy Buy Buy“ von Rectangle.

Das Einkaufsverhalten bei bestimmten Songs könnte auf Bonuskarten gespeichert werden, die einem jeder Supermarkt aufdrängt. Mit den Karten sammelt man Punkte, die man gegen läppische Dinge einlösen kann. Auf den Karten sind jede Menge Informationen gespeichert: Adresse, Warenkorb, Abstinenzler oder Trinker, Körnerfresser oder Fast-Food-Futterer. Man könnte auch speichern, dass der Kunde bei „I’m Buying You Whiskey“ von Akcent unweigerlich zu einer Flasche Jameson griff – und das Lied jedes Mal automatisch abspielen, wenn er den Laden betritt. Ich werde demnächst mit einem Ghettoblaster in den Supermarkt gehen und „Shoplifters of the World Unite“ („Ladendiebe dieser Welt, vereinigt euch“) von den Smiths abspielen. Mal sehen, ob Treasure recht hat mit seiner Theorie.