Nicht besonders aufregend

betr.: „Urlaubsflirt wird zum Politikum“, „War er drin? Oder nicht?“, taz vom 26. 6. 07

Wieso Ehre der türkischen Justiz? Und falls ja – was wäre daran denn so schlimm? Wenn ich es richtig gelesen habe, hat die Erziehungsberechtigte einer 13-Jährigen (GB, Britin?) gegen einen 17-Jährigen (Uelzen, BRD, Deutscher?), welcher im Hotelzimmer mit ihrer Tochter „rummachte“, eine Anzeige aus allen in Betracht kommenden rechtlichen Gründen erstattet. Im Urlaubsland Türkei, weil da nun mal das Hotel rumstand.

Weil nach den örtlich wie sachlich einschlägigen Bestimmungen der Verdacht des sexuellen Missbrauchs eines Kindes im Raum steht, wurde die türkische Justiz tätig, und weil bei Touristen öfter mal die Ahnung aufkommt, es bestünde Fluchtgefahr, wurde der 17-Jährige in U-Haft genommen. So denke ich mir das mal und finde das alles überhaupt nicht so besonders aufregend. Vielleicht ein bisschen seltsam, falls eine Erziehungsberechtigte meint, ihrer pubertierenden Tochter nicht mehr anders als durch Anzeige gegen deren erwünschten Lover beikommen zu können. Vielleicht völlig in Ordnung, falls der Knödel als Lover nicht erwünscht war. Vor dem Hintergrund meiner Erfahrung, dass in der BRD fremdländische Touristen wegen des Verdachts des Diebstahls geringwertiger Güter bei Woolworth auch schon mal hinter Gittern landen wegen der berühmten Fluchtgefahr – relativiert sich das.

Und was lese ich in der BRD in der Zeitung? Helle Aufregung darüber, dass die türkische Justiz das tut, was wir mal im juristischen Seminar für wünschenswerten Fortschritt hielten: dass ein allgemein geltendes in einem demokratisch gegründeten Verfahren zustande gekommenes Gesetz im Einzelfall ohne vorheriges Ansehen der Person angewandt wird. Egal, ob es eine als deutsche vermutete jugendlich-heranwachsende verdächtige Person männlichen Geschlechts in einem Urlaubsland trifft oder oder oder … Hier sollten gedanklich andere Fallkonstellationen eingesetzt werden! Denn machen wir uns nix vor: Hätte das Hotel in Uelzen gestanden, wäre die 13-Jährige eine Britin und der verdächtige 17-Jährige ein Türke und die Fluchtgefahr nicht bejaht worden, schlüge der Volkszorn vielleicht etwas anders aus. Beispielsweise. Und wenn der türkische Außenminister intervenierte, na, dann wäre das doch eine Einmischung, welche sich „unsere“ Justiz und „unsere“ Leitartikler-Riege zu recht verbitten dürfte. Oder?

So ganz am Ende frage ich mich, ob da nicht vielleicht auch noch so was Ähnliches wie eine Art Naturrecht auf männliche Blödheit durchguckt. Weil das doch manchmal einfach nicht zu sehen ist, wie alt die jungen Mädchen wirklich sind, nä … Beginn der wirklich spannenden Diskussion! CHRISTINE RÖLKE-SOMMER, Berlin