Bahn streikt weiter

Nach den gestrigen Warnstreiks soll es heute massive Behinderungen unter anderem im Regionalverkehr in Schleswig-Holstein und Niedersachsen geben. Auch Lokführer wollen die Arbeit niederlegen. Sie fordern 31 Prozent mehr Lohn

Unmittelbar nach Ablauf der Friedenspflicht am Sonntag haben die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA gestern den Tarifkonflikt mit Streiks in Hamburg verschärft. Am Morgen schloss das Reisezentrum am Hamburger Hauptbahnhof für zwei Stunden. Fahrscheine konnten in dieser Zeit nur am Automaten gekauft werden. Bahnbeamte assistierten beim Fahrkartenkauf, während Mitarbeiter die Fahrgäste über den Streik informierten.

„Die Kunden haben überwiegend verständnisvoll reagiert“, sagte Henry Zellmer, der Leiter des Reisezentrums. Zu Beeinträchtigungen im norddeutschen Zugverkehr ist es lediglich in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns gekommen. Heute müssen Bahnreisende auch im Westen mit Verspätungen rechnen. In den Morgenstunden sollen im Wartungswerk Neumünster Züge verspätet oder gar nicht abgefertigt werden. Zudem wird die Cargo-Station im niedersächsischen Seelze bestreikt.

Die Arbeitnehmer der Bahn fordern für 134.000 Angestellte weiterhin sieben Prozent mehr Lohn – bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Der Bahn-Vorstand hat bislang Lohnerhöhungen um je zwei Prozent für die Jahre 2008 und 2009 sowie eine Einmalzahlung von 300 Euro angeboten.

Eine weitere Verschärfung des Tarifkonflikts könnte von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ausgehen. Im Windschatten der Proteste von Transnet und GDBA fordert die GDL einen eigenen Tarifvertrag mit Lohnerhöhungen von bis zu 31 Prozent. Für heute hat die Gewerkschaft bundesweite Arbeitsniederlegungen zwischen fünf und neun Uhr angekündigt. „Der Regionalverkehr in Schleswig -Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen wird stellenweise zum Erliegen kommen“, so der Bezirksvorsitzende der GDL-Nord Norbert Quitter. Insbesondere im Regionalverkehr zwischen Hildesheim, Hannover und Goslar ist mit Verspätungen zu rechnen. Betroffen seien insbesondere die S-Bahn-Netze in Hannover und Hamburg, sagte Quitter.

Derweil warnen Fahrgastschützer, Kunden und Beschäftigte gegeneinander auszuspielen. Der Vorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn Peter Naumann sagte: „Wenn gestreikt wird, sollte derjenige getroffen werden, der nicht verhandeln will.“ Er schlug vor, Fahrkartenkontrollen einzustellen.

GDBA-Sprecher Uwe Reitz lehnt diesen Ratschlag ab: „Das ist rechtlich nicht möglich.“ Ein untätiger Bahnangestellter im Zug mache sich der Arbeitsverweigerung schuldig und riskiere seine Anstellung, so Reitz. Unter der Hotline + 08000-996633 gibt es heute kostenlose Fahrplaninformationen der Bahn. CHRISTOPH NEETHEN

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