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KUNST 31 Absolventen der Studiengänge Motion Design und Interaction Design an der Berliner Technischen Kunsthochschule stellen ihre Arbeiten aus

Der Titel hat keinen Sinn. Jeder von uns hat ein Wort in den Topf geworfen

„Edle Skandale, zwei Imker und ein Ticket nach Novosibirsk“ ist ein außergewöhnlicher Titel für eine Ausstellung. „Er hat keinen Sinn. Jeder von uns hat ein Wort in einen Topf geworfen. Aus denen wurde dann der Titel gebastelt“, erzählt Maria Hennig, eine der 31 Absolventen der beiden Studiengänge Motion Design und Interaction Design an der Berliner Technischen Kunsthochschule. Die Abschlussarbeiten der Künstler stehen dem Titel in nichts nach. Hinter den ausgefeilten Werken stecken kreative Köpfe, die vieles von dem zur Anwendung bringen, was die beiden Studiengänge bieten. Die Studenten im Motion Design etwa bekommen Einblicke in die Möglichkeiten visueller Gestaltung, Fotografie, Layout oder digitale Bildgestaltung. Das spiegelt sich in den jeweiligen Abschlussarbeiten wider. Von der Konzeption von Videospielen und -clips über die Entwicklung von Corporate Identities, multimedialen Installationen, Apps, Comics oder Fotostrecken bedienen die Bachelorarbeiten viele Teilgebiete des Designs.

Unübersehbar haben die Studenten viel Wert auf eine individuelle Gestaltung und Präsentation ihrer Werke gelegt. Besonders ins Auge sticht die Arbeit von Skarlett Röhner, die Grimms Klassiker „Der Wolf und die sieben Geislein“ neu interpretiert und illustriert hat. Ein skelettierter Ziegenkopf thront über einem wachsverschmierten Schrein, auf dem sich Röhners ausklappbare Schwarz-Weiß-Illustrationen würdig in Szene setzen. Auf 39 Selbstporträts setzte sich Paul Schäfer im Rahmen seiner Bachelorarbeit als unter anderem Hippie, Frau, Sadomaso-Jünger oder Raver mit dem Thema Stereotypen auseinander. Einen „Blick auf das Unsichtbare“ warf David Vogt. Ein halbes Jahr war er an Bord eines Thunfischfangboots in Neuseeland und dokumentierte das Zusammenleben der Fischer, den Umgang mit Beifang und das Geschäft mit den wertvollen Meerestieren mit atmosphärischen Schwarz-Weiß-Fotografien. Ein ganz anderes Konzept verfolgte Maria Hennig. Sie stellte sich die Frage, wie Gedanken und Gefühle filmisch dargestellt werden könnten. „Auf der Grundlage des Songs „Konfetti“ eines Freundes habe ich versucht, Gedanken durch Optical Toys in dem Musikvideo darzustellen“, sagt die 22-Jährige.

Als Optical Toys bezeichnet Hennig verschiedene antike Projektionsgeräte wie zum Beispiel ein Théâtre Optique von 1877 oder eine Laterna magica aus dem 17. Jahrhundert, die nicht nur im Video, sondern auch auf der Ausstellung zu bestaunen sind. Die Raritäten fest im Blick können es sich die Besucher nebenbei auf einem Sofa vor dem Bildschirm, auf dem das Video in Endlosschleife läuft, gemütlich machen.

Die wohl größte Aufmerksamkeit zog jedoch Anna Arndt mit ihrer Abschlussarbeit auf sich. Sie konzeptionierte den 25-minütigen Kurzfilm „Gib mir ein Morgen“, der sich der Gentrifizierung in Kreuzberg widmet. Das aktuelle Thema liegt der Studentin schon lange am Herzen. „Ich bin in einem besetzten Haus in Kreuzberg aufgewachsen und habe mehr oder weniger mein ganzes Leben dort verbracht. Dabei sind die Veränderungen des Bezirks für mich ziemlich präsent und auch oft Thema gewesen“, sagt sie. Besonders wichtig sei ihr beim Schreiben des Drehbuchs gewesen, den komplexen Prozess der Gentrifizierung von verschiedenen Stellen zu beleuchten und eine weniger klischeehafte Ausdrucksform zu finden, als es momentan in der Debatte oft der Fall sei. Im September wird der Streifen von der Produktionsfirma Advice Media unter Regie von Anna Arndt gedreht. In einem putzig eingerichteten Raum voller Nostalgie, der im Film das Zuhause von einer der Hauptfiguren ist, stellt Anna Arndt ihr Projekt in der Kunsthochschule vor. Auf der gesamten zweiten Etage werden die Kunstwerke noch bis zum 28. Juli gezeigt. LUISA DEGENHARDT