: „Wächter für die Öffentlichkeit“
MEDIEN Der Schutz der neuen Freiheit der Presse ist so schwach wie der gesamte politische Transformationsprozess zerbrechlich ist, meint der Chefredakteur von „World Today“
VON THET ZIN
„Zeugenschaft ist sehr wichtig. Ohne Journalismus gibt es keine Demokratie. Ohne Journalismus gibt es keine Freiheit.“ Peter Howe
Myanmars Öffnung steht außer Frage. Zu den untrügerischen Anzeichen der Liberalisierung zählen die Freilassung von politischen Gefangenen, das Auftauen der internationalen Isolation, die Friedensverhandlungen mit den ethnischen Minderheiten, der Einzug der Opposition ins Parlament und das Ende der staatlichen Medienzensur. Letzteres ist wohl die dramatischste Veränderung mit den größten Auswirkungen auf die Gesellschaft. Der Schutz der neuen Freiheit der Presse ist aber so schwach wie der gesamte politische Transformationsprozess zerbrechlich ist.
Korrupte Generäle und Hardliner der vom Militär unterstützten Regierungspartei wollen eine öffentliche Untersuchung ihrer Machenschaften verhindern, um nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Sie fürchten zu viele Informationen, weil diese ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen bedrohen. Je näher die Wahlen rücken, umso mehr sind diese Hardliner dabei, den freien Markt für Informationen zu regulieren und Journalisten zu kriminalisieren.
Druck auf kritische Medien
Die manipulative Anwendung von Gesetzen und die Kontrolle über die Eigentumsrechte an Medien sind Schlüsselinstrumente, die das Regime jetzt anwendet, um unabhängigen und kritischen Medien in die Parade zu fahren. Zugleich versuchen sie in der in- und ausländischen Öffentlichkeit den Eindruck zu geben, es gäbe eine freie Presse.
Beim Myanmar-Workshop der taz Panter Stiftung ist das Thema Wahlberichterstattung für uns hoch interessant. In unserer Heimat kontrollieren Günstlinge des Militärs und Hardliner der Regierungspartei 80 Prozent der Medien, wie eine Studie der Eleven Media Group ergab. Deshalb ist für uns wichtig, Medien wie die taz kennenzulernen, die als Genossenschaften und mit Unterstützung ihrer Nutzer wirtschaftlich und redaktionell unabhängig sind.
Als ich 2002 mit dem Journalismus anfing, bekam ich keine ordentliche Ausbildung und der Einblick des Rests der Welt in die Politik unseres Landes war geprägt durch das Militär. Mit meinen Erfahrungen, die ich nach der Methode „learning by doing“ machte, erwarb ich mir das Vertrauen verschiedener Herausgeber und Geldgeber. 2004 wurde ich Chefredakteur des News Watch Weekly Journal. 2005 gründete ich das Myanmar Nation Weekly Journal und arbeitete als dessen Chefredakteur, bis ich 2008 wegen angeblicher Verletzung des Eletronic-Transaction-Gesetzes zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Seit ich 1988 im Rahmen der Demokratiebewegung eine Studentengewerkschaft gegründet hatte, wurde ich immer wieder für mehrere Monate verhaftet und dabei gefoltert. Nachdem ich als Journalist verurteilt worden war, kam ich in ein abgelegenes Gefängnis im Norden. Dank internationalem Druck, unter anderem einer Stellungnahme von US-Präsident George Bush, ließ mich die Junta 2010 frei.
Kurz nach meiner Entlassung arbeitete ich wieder als Journalist beim Myanmar Samadhi Weekly. Dabei war es sehr schwierig, unter meinem Namen zu schreiben, da die Zensurbehörde die Verleger warnte, dass ich auf einer schwarzen Liste stünde. Auch verweigerte mir der Chef der Zensurbehörde die Lizenz für eine Zeitschrift, so dass ich eine Lizenz „mieten“ musste. Exoffiziere machen damit Geld, dass sie ihre Lizenzen für sehr hohe Gebühren anderen überlassen.
Forum für Debatte
Nachdem ich für ein anderes Magazin gearbeitet hatte, gründete ich 2012 meine eigene Zeitschrift World Today. Mit ihr verfolge ich zwei Ziele: Zum einen ein Forum für eine informierte Debatte unterschiedlicher Stimmen zu schaffen, zum anderen als Wächter für die Öffentlichkeit zu agieren. Vorbilder sind der Economist und Foreign Policy. Unsere Themen reichen von der Verfassungsreform, Fragen der politischen Transformation über den Einfluss Chinas und die Wirtschaftsreformen bis zu den Oppositionsgruppen und dem notorischen Landraub.
Jetzt wird die Berichterstattung über die kommenden Wahlen wichtig, etwa Berichte über die Aufgaben unabhängiger Wahlbeobachter, Fragen des Wahlsystems, der Macht ethnischer Parteien und der Unabhängigkeit der Wahlkommission.
Da wir unser Monatsmagazin recht preisgünstig produzieren, hat es bis heute überlebt und Einfluss in der politischen Klasse, der Zivilgesellschaft und der gebildeten Leserschaft gewonnen. Obwohl wir auch in den Social Media präsent sind, ist die Zeitschrift noch nicht profitabel.
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