Die wahre Macht des Militärs

UNGEWÄHLTE ARMEEFRAKTION Die starke Stellung der Armee schürt Zweifel am Reformwillen

VON THWE THWE MYO NYUNT

Wie sehr das Militär an der Macht hängt, ist daran zu sehen, dass es nicht bereit ist, sie zu teilen. So stammen 90 Prozent der gegenwärtigen Mitglieder des Regierungskabinetts aus der Armee oder sind pensionierte Generäle.

25 Prozent der Parlamentsabgeordneten sind ohnehin ungewählte Militärs. Dann gibt es noch den elfköpfigen „Verteidigungs- und Sicherheitsrat“, der allein über einen von der Verfassung schon vorab legitimierten Militärputsch entscheiden kann. In dem Rat sitzen sechs aktive und vier pensionierte Generäle. Es ist also völlig klar, dass das Militär das Land führt.

„Die Armee ist stark und geht systematisch vor“, sagt U Maw Lin, der Chefredakteur von Pyi Thu Ayay („Sache des Volkes“). „Um aber eine starke demokratische Basis und Regierung zu bekommen, sind Wahlen notwendig, die frei und fair sein müssen. Es darf keinen Stimmenkauf und keinen Wahlbetrug geben. Befehl und Ordnung sind die Natur der Armee. Ihr gilt es deshalb als größtes Verbrechen, Befehlen nicht zu gehorchen. Doch die Aufgabe der Politik ist es, Menschen zu organisieren, und sie werden nicht herumkommandiert, sondern geführt, wenn Aung San Suu Kyi oder [ihr Vater, Red.] General Aung San ihre Führer sind. Politiker müssen zeigen, dass sie zum Wohle des Volkes regieren.“

Von der Armee organisierte Wahlen sind mit demokratischen Prinzipien nicht vereinbar. Die Militärs haben schon so viel Macht, dass sie die Organisierung der Wahlen einer zivilen Regierung überlassen sollten. Die Menschen trauen der Armee nicht. Der Chef der Wahlkommisson ist ein Exgeneral, der zugleich auch Mitglied der Regierungspartei USDP (Solidaritäts- und Entwicklungspartei der Union) ist.

Neben Aung San Suu Kyis NLD ist die einflussreichste Organisation aus der Bevölkerung die Friedens- und Transparenzgesellschaft der 88er Generation. Sie wurde von führenden Leuten des Volksaufstands von 1988 gegründet. Sie haben lange im Gefängnis gesessen. Zwei ihrer Führer, Min Ko Naing und Ko Jimmy, kritisieren die Rolle des Militärs: „In einer ‚Notsituation‘ können die Militärs laut Verfassung den Notstand erklären und die Macht übernehmen. Dann können sie Wahlen durchführen, doch laut Verfassung so lange an der Macht bleiben, wie sie wollen, oder etwa, wie in Pakistan geschehen, sich ohne Uniform als Zivilisten wählen lassen.“

Da 25 Prozent der Parlamentssitze von ungewählten Militärs besetzt werden, die der Armeechef bestimmt und es für eine Verfassungsänderung eine 75-prozentige Mehrheit braucht, kann die Verfassung ohne Zustimmung des Militärs nicht geändert werden.

Ko Jimmy sagt: „Es ist inakzeptabel, dass die vom Volk gewählten Mitglieder des Parlaments nicht die Macht haben, die Verfassung zu ändern. Vielmehr steht die Macht des aus Militärs bestehenden einen Viertels der Abgeordneten im Vordergrund. Ändert sich dies vor den Wahlen 2015 nicht, zeigt es, dass die Armee nicht wirklich zum Wandel bereit ist.“

Min Ko Naing sagt: „Niemand garantiert uns, dass wir nicht wieder ins Gefängnis kommen. Wird die Verfassung bis zur Wahl nicht wesentlich geändert, bedeutet das politischen Stillstand.“

Bleibt die Macht der Armee unverändert, wird sie diese vielleicht auch behalten, sollte die Opposition die Wahlen deutlich gewinnen. Schon jetzt kann niemand sagen, ob auch wirklich alle Oppositionspolitiker bei den Wahlen kandidieren dürfen.