Aung San Suu Kyis ungeklärte Rolle

WAHLEN 2015 Der Termin steht inzwischen, aber vieles ist noch unklar, einschließlich der Möglichkeiten der Opposition

VON AYE THIRI SEIN
UND YEN SNAING

Niemand weiß bisher, welche Rolle Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi bei den Parlamentswahlen 2015 spielen darf. Wird die Friedensnobelpreisträgerin überhaupt für die Präsidentschaft des Landes kandidieren dürfen? Erst vor wenigen Wochen gab die Wahlkommission das Datum für die Wahlen bekannt. Sie sind in der letzten Oktoberwoche oder ersten Novemberwoche geplant.

Davor hatte es Spekulationen gegeben, dass die Wahlen auf das Jahr 2016 verschoben werden könnten. In seiner monatlichen Radio-Ansprache schien Präsident Thein Sein Anfang Oktober anzudeuten, dass Wahlen und ein demokratischer Übergang nur dann erfolgreich durchgeführt werden können, wenn es der Regierung gelingt, vorher einen landesweiten Waffenstillstand mit den ethnischen Rebellengruppen abzuschließen. Dieses Ziel hat sich bisher als schwer erreichbar erwiesen.

Der Chef der Wahlkommission, Exgeneral Tin Aye, sagte später zu Journalisten, seine Behörde wolle den Wahltermin nicht verschieben. Die Verfassung schreibe vor, dass die jetzige Regierung, die im Januar 2011 ins Amt kam, nach fünf Jahren von einer neuen Regierung abgelöst wird. „Es hängt nicht vom Präsidenten ab, ob die Wahlen verschoben werden“, kommentierte Khin Maung Swe, der Vorsitzende der Nationalen Demokratischen Kraft (NDF), einer Abspaltung von Aung San Suu Kyis Partei Nationaler Liga für Demokratie (NLD). „Können die Wahlen frei abgehalten werden, sollten sie stattfinden.“

Aung San Suu Kyi sagte: „Für einen echten Übergang zur Demokratie ist es auch nötig, dass die Regierung von Präsident Thein Sein freie und faire Wahlen zur rechten Zeit ansetzt.“ Doch über ihre eigene Rolle bei den Wahlen sagte sie nichts.

Der Sprecher ihrer Partei, Nyan Win, erklärte, sie habe die Teilnahme der NLD bisher nicht davon abhängig gemacht, dass zuvor die Verfassung von 2008 geändert wird. Die verbietet bisher eine Präsidentschaft Aung San Suu Kyis. Aber er sagte auch: „Grundsätzlich wäre eine Teilnahme an der Wahl ohne vorige Verfassungsänderungen nicht ideal.“ Auch gebe es Zweifel daran, ob die Wahlen fair sein werden. „Die Leute dürfen wohl frei ihre Stimme abgeben. Aber wir sorgen uns, was dann mit ihren Stimmzetteln geschieht.“

Der Streit um die Verfassung steht im Zentrum des Konflikts zwischen Regierung und Opposition. Die NLD fordert eine Änderung der Artikel 436 und 59 f. Artrikel 436 gibt dem Militär 25 Prozent der Parlamentssitze, unabhängig vom Wahlergebnis, und damit eine Sperrminorität bei Verfassungsänderungen. Artikel 59 f verbietet Kandidaten, die wie Aung San Suu Kyi Angehörige mit ausländischer Staatsbürgerschaft haben, Präsident zu werden. Präsident Thein Sein hat bereits klar gemacht, dass es keine Verfassungsänderung vor den Wahlen geben soll – und dass die NLD dennoch an ihnen teilnehmen müsse.

Ersatzmann für de Lady?

Innerhalb der NLD sind Stimmen zu hören, dass sich die Partei auf diese Situation einstellen muss. So sagt etwa Min Thu vom NLD-Exekutivausschuss, dem höchsten Parteigremium: „Ich hoffe, Aung San Suu Kyi entscheidet sich für die Teilnahme an den Wahlen. Wenn sie selbst nicht Präsidentin werden kann, sollte sie eine andere Führungsfigur für die NLD bestimmen. Wenn dann die NLD die Wahlen gewinnt, könnte die Lady eine wichtige Position in der Partei übernehmen.“

Wahlkommissionschef Tin Aye, eine Schlüsselfigur der früheren Militärjunta, verspricht: „Nachdem wir freie und faire Wahlen abgehalten haben, werde ich zurücktreten.“ Er sagte dies im Rahmen eines Workshops zur Zusammenarbeit seiner Kommission mit Organisationen der Zivilgesellschaft. Staatliche Medien berichteten, dass er dabei auch die Organisationen aufforderte, ohne Vorurteile die Wahlen zu beobachten.