Späte Rache für Lehman-Opfer

KAPITAL Sieben Jahre nach der Pleite der US-Bank bekommen schlecht beratene Anleger Geld zurück

FREIBURG taz | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat erstmals Geschädigten der Lehman-Pleite Schadensersatz zugesprochen. Banken, die Lehman-Garantiezertifikate verkauften, mussten ihre Kunden auf das Risiko des Totalverlustes hinweisen. Die Bank war im September 2008 im Zuge der Finanzkrise pleitegegangen, Anleger verloren Milliarden – auch in Deutschland.

Im konkreten Fall hatten Kläger bei der Frankfurter Bethmann-Bank Lehman-Zertifikate im Wert von rund 33.000 und 140.000 Euro gekauft. Im zugehörigen Produktflyer wurde mit „100 % Kapitalschutz am Laufzeitende“ geworben. Allerdings hatte sich Lehman ein Sonderkündigungsrecht für den Fall einer Fusion, einer Verstaatlichung oder bei Insolvenz eingeräumt. Das stand in den Anleihebedingungen, die den jetzt klagenden Kunden nicht ausgehändigt wurden. Dort stand, dass im Fall einer Insolvenz der Rückkaufswert des Zertifikats geschätzt wird und auch auf null sinken kann. Was auch geschah.

Wie schon die Vorinstanzen hat der Bundesgerichtshof nun einen Beratungsmangel der Bethmann-Bank festgestellt. Wenn sie Kunden „100 % Kapitalschutz“ verspricht, hätte sie die Kunden ungefragt auch auf das Sonderkündigungsrecht und das damit verbundene Risiko des Totalausfalls des investierten Geldes hinweisen müssen. Die Kläger erhalten nun das von ihnen investierte Kapital ersetzt.

Einer der Kläger muss jedoch einen Abschlag von 17 Prozent hinnehmen, weil er es versäumte, seine Ansprüche im eigentlichen Insolvenzverfahren der Lehman Brothers Bank in New York geltend zu machen. Dabei bekamen Anleger mit Forderungen von bis zu 50.000 US-Dollar immerhin 17 Prozent zurück. (Az.: XI ZR 169/13 und 480/13)

Wie viele Opfer der Lehman-Pleite von diesem Urteil profitieren können, ist unklar. Die Entscheidung hat nach Angaben von Kläger-Anwalt Richard Lindner jedoch Signalwirkung für zahlreiche ähnliche Fälle.

Bisher waren alle Musterverfahren von Lehman-Geschädigten beim BGH gescheitert. So sahen die Richter keinen Beratungsmangel darin, dass Banken nicht auf das Risiko einer Insolvenz von Lehman Brothers hinwiesen, da dies vorab nicht erkennbar war. Auch auf die fehlende Einlagensicherung musste nicht hingewiesen werden. Die Vertriebsbanken mussten auch nicht ihre Gewinnmarge beim Verkauf der Zertifikate offenlegen. Gescheitert waren auch Kläger, die ihre Zertifikate per Telefon oder E-Mail geordert hatten und den Kauf widerrufen wollten. CHRISTIAN RATH