Die deutsche Wirtschaft ist massiv auf dem Vormarsch

VIZEMEISTER Deutsche Kapitalgeber investieren weltweit inzwischen mehr als eine Billion Euro

VON HERMANNUS PFEIFFER

HAMBURG taz | Kapital aus Deutschland spielt weltweit eine immer größere Rolle. Allein im vergangenen Jahr wurden 105 Milliarden Euro außerhalb der Landesgrenzen direkt angelegt. Noch in diesem Jahr dürfte die Summe der deutschen Auslandsinvestitionen die Billionen-Euro-Hürde überspringen. Der Grund ist, wie Joachim Karl von der Unctad sagte, dass Deutschland erheblich besser als viele andere Industriestaaten durch die schwere Weltwirtschaftskrise von 2008 gekommen ist.

Doch nicht überall läuft der Kapitalexport auf Hochtouren. Insgesamt legten die Auslandsdirektinvestitionen gegenüber dem Vorjahr „moderat“ um 5 Prozent zu, heißt es im „World Investment Report“ der Welthandels- und Entwicklungskonferenz Unctad.

Bei einigen Ländern sind Auslandsinvestitionen jedoch so beliebt wie nie. So kletterte Deutschland von 78 im Jahre 2009 auf 105 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr und steht damit auf Rang zwei hinter den USA. Doch auch in anderen Staaten hat der Aufschwung nach der großen Wirtschaftskrise Investitionen über die Grenzen hinweg wieder ansteigen lassen. Trotz oder wegen einer Wirtschaft, die immer noch stark unter den Nachwehen der Krise und einer hohen Staatsverschuldung leidet, stiegen die Auslandsdirektinvestitionen der USA von 283 auf 329 Milliarden Dollar. Erheblich zulegen konnten auch die Schweiz, Russland und Belgien. Manche „Auslandsinvestition“ dürfte allerdings Kapitalflucht vor politisch unsicheren Verhältnissen geschuldet sein, etwa aus Belgien und Russland. Frankreich und Japan verloren als Geberländer an Gewicht.

Es fällt auf, dass Großbritannien, in dem mit London immer noch der wichtigste Finanzplatz der Welt beheimatet ist, selbst keine internationale Hauptrolle mehr spielt: Das alte Empire landete nicht mal mehr unter den Top 20 der Welt-Kapitalexporteure. Einen Boom erleben dagegen Ackerland-Geschäfte in Afrika und Südamerika. Investoren sind häufig Staatsfonds aus den Ölstaaten und aus China. Das Riesenreich ist erst seit Kurzem ein Akteur bei Auslandsinvestitionen. China steigerte seine direkten Investitionen auf 68 Milliarden Euro und liegt damit auf Rang vier.

Der Unctad-Bericht analysiert auch die Wirtschaftsaktivitäten transnationaler Unternehmen, der „Multis“. Ihre Wertschöpfung machte 2010 bereits ein Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Ihre im Ausland angesiedelten Töchter waren für ein Drittel der Weltexporte verantwortlich.