Im Schritttempo gegen die Brücke

Bürgerinitiativen, Kommunen und der Naturschutzbund machen gemeinsame Sache gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung. Mit dänischer Hilfe könnte das ökonomisch und ökologisch fragwürdige Projekt noch gekippt werden

Die 18,6 Kilometer lange Brücke zwischen Puttgarden auf Fehmarn und dem dänischen Rödby soll rund 5,6 Milliarden Euro kosten und könnte im Jahr 2020 fertig gestellt werden. Dänemark garantiert einen Anteil von 4,3 Milliarden Euro an den Baukosten. Die Bundesrepublik stellt mit mehr als einer Milliarde Euro die südliche Hinterlandverbindung sicher. Über Mauteinnahmen wollen private Bauunternehmer und Brückenbetreiber ihre Investitionen binnen etwa 25 Jahren wieder hereinholen. Bis dahin sollen Dänemark und Deutschland für eventuelle Einnahmeausfälle bürgen. Die Route über eine feste Fehmarnbelt-Querung wäre der kürzeste Landweg von Westeuropa nach Skandinavien. Die Konstruktion soll 69 Brückenöffnungen aufweisen, darunter drei Durchfahrtsöffnungen von je 700 Metern Breite für große Schiffe und zwei 500 Meter breite Öffnungen für kleinere Schiffe.  NE

AUS FEHMARN CHRISTOPH NEETHEN

Trecker, Autos und Fahrräder rollen über die Autobahn. Gemächlich bewegt sich der Tross über die teilweise gesperrte Fehmarnsund-Brücke in Richtung Festland. Zwischen zwei Schauern ist die Gruppe an einem Parkplatz an der E 47 gestartet.

Rund eintausend Menschen haben sich am Dienstagabend an einer Protestaktion gegen den geplanten Bau der Fehmarnbelt-Brücke beteiligt. Mit Losungen wie „Mut zur Lücke – keine Brücke!“, machten Bürgerinitiativen und Verbände auf einer Kundgebung vor dem kleinen roten Rathaus der Gemeinde Großenbrode ihrem Unmut Luft.

Bereits in der Vorwoche hatten der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU), Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und sein dänischer Ressortkollege Fleming Hansen eine Absichtserklärung zum Bau der Brücke unterzeichnet (taz berichtete). Ab 2020 soll das Bauwerk Fehmarn mit dem dänischen Lolland verbinden.

An der schleswig-holsteinischen Küste herrscht deshalb Alarmstimmung. Ökologische Bedenken und die Angst um Arbeitsplätze wachsen. Außerdem, so meinen Kritiker, würde eine Brücke auch das Fährsystem zwischen Puttgarden und Rödby schwächen. Harry Brandt vom Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung spricht sich für die Schiffe aus: „Der derzeitige Fährbetrieb wäre in der Lage, die prognostizierten Verkehrszuwächse über den Belt aufzunehmen.“

Auch an Land formiert sich der Protest. „Durch eine Zubringerautobahn Richtung Brückenkopf wäre Fehmarn schnell der Brenner des Nordens“, schimpft der Sprecher des Aktionsbündnisses Jürgen Boos ins Mikrofon. Mit Treckerhupen und Fahrradklingeln bekundet das Publikum seine Zustimmung. „Wer macht schon gerne Urlaub an der Schnellstraße?“, fragt der Bürgermeister von Großenbrode Hans-Heinrich Schröder, CDU. Insbesondere um einen Rückgang der Touristenzahlen sorgt man sich hier in der Urlaubsregion. Ostholsteins Landrat Reinhard Sager, auch ein CDU-Mann, konterte: „Durch den Bau der Brücke erhält Ostholstein eine erstklassige Schienenanbindung.“ Außerdem solle ein multimediales Infozentrum zum Brückenschlag technikbegeisterte Urlauber in die Region locken.

Indes droht die Touristenattraktion Brücke nach Baubeginn der einzige Anziehungspunkt auf Fehmarn zu werden. „Die Ostsee leidet schon genuch – die große Brücke ist ein Fluch!“ skandierten die Demonstranten in bester Mundart.

Landaufschüttungen und Verklappung von Material gefährden die Ostsee, so wird befürchtet. Auch, dass die Brückenpfeiler dem Austausch von Ostseewasser mit sauerstoffhaltigem Meerwasser aus dem Kattegat im Weg stehen könnten. Und die Konstruktion selbst stört möglicherweise die Zugvögel. Malte Siegert vom Naturschutzbund Nabu spricht sogar von der „größten Vogelfalle im Ostseeraum“.

Am Ende der Kundgebung sagt Bündnissprecher Boos, er sehe noch gute Möglichkeiten, das Bauvorhaben zu stoppen: Hilfe könnte aus Dänemark kommen, wo sich die oppositionellen Sozialdemokraten wie auch Verkehrsforscher gegen die Brücke aussprechen. Nicht zuletzt, weil das Land die Kosten fast alleine schultern möchte. Im dänischen Parlament jedoch werde sich keine Mehrheit gegen den Brückenbau finden, ist sich Landrat Sager sicher. Unterrichtet ist man in Dänemark vom Hilferuf aus Großenbrode – ein dänisches Fernsehteam hat die Brückendemonstranten am Dienstag mit Klatschen und Rasseln empfangen.