„Es gibt Aufklärungsbedarf“

RECHTSEXTREMISMUS In Hamburg sollen die Morde des NSU-Trios untersucht werden – vielleicht sogar durch einen Parlamentsausschuss. Das fordern die Angehörigen eines Opfers seit längerem

Kommt er doch? Nach den Wahlen im kommenden Februar könnte die Hamburgische Bürgerschaft einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Morden des rechtsextremen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ einrichten. Das ist zumindest das Ergebnis einer Diskussionsveranstaltung zum Mord an dem Gemüsehändler Süleyman Tasköprü im Jahr 2001, den die Gewerkschaft Ver.di am Dienstag ausrichtete.

„Solange noch irgendeine Frage offen ist, gibt es Aufklärungsbedarf“, sagte da überraschend der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Martin Schäfer: Sollte ein Ausschuss beantragt werden, „werden wir uns dagegen nicht sträuben“. Gefordert hatten die Einrichtung eines solchen Gremiums unter wiederholt die Hinterbliebenen Tasköprüs und ihre Anwälte. Gestern unterstrichen die Fraktionen von Grünen und Linken dieses Begehr.

Dass es noch manches aufzuklären gibt, darauf deutete zuletzt die Aussage des Verdeckten Verfassungsschutzmitarbeiters Kai D. vergangene Woche im NSU-Prozess in München hin. Demnach soll der Hamburger Neonazi Christian Worch „Mentor“ von Tino Brandt gewesen sein, Anführer des „Thüringer Heimatschutzes“. Diesem wiederum hatten die drei NSU-Verdächtigen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Börnhardt angehört. „Der spätere NSU war ein Netzwerk, indem die Hamburger Szene eine zentrale Rolle spielte“, sagt die Anwältin Gül Pinar, die die Familie Tasköprü als Nebenklägerin vertritt.

Der SPD-Abgeordnete Schäfer findet es „unglaublich“, dass bei den Mordermittlungen „niemand auf die Idee gekommen“ sei, dass es einen rechtsradikalen Hintergrund geben könnte. Hamburgs Generalstaatsanwalt Lutz von Selle hatte im vergangenen Jahr vor dem Innenausschuss der Bürgerschaft gesagt, es habe damals keine Hinweise auf rechte Täter gegeben – was aber die Ermittlungsakten widerlegen.

„Es gibt immer noch mehr Fragen als Antworten“, sagte jetzt Nebahat Güclü, Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Hamburg. PETER MÜLLER/ANDREAS SPEIT