OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Aufgrund ihrer langen Produktionszeit sind Stop-Motion-Puppentrickfilme relativ selten. Dafür sind die meisten von ihnen aber auch ungeheuer schön – trotz der manchmal bizarren Figuren, die dort oft im Mittelpunkt stehen. Denn für die irrsinnig aufwendige Arbeit bedarf es zweifellos einer großen Liebe zu dieser Art Film, die ihren Ausdruck stets auch im fertigen Produkt findet. Einer der besten Filme dieser Gattung ist „Coraline“, den Henry Selick 2009 nach einem Buch von Neil Gaiman drehte: ein fantastischer Trip in die Welt der 11-jährigen neugierigen Heldin, die nach einem Umzug in ihrem neuen Haus den Eingang zu einer Parallelwelt findet, in der auf den ersten Blick alles viel schöner ist als in der Realität. Während Coralines gestresste Eltern sonst kaum Zeit für sie haben, erscheint in dieser anderen Welt eine „andere“ Mutter viel aufmerksamer, und auch das Essen ist deutlich besser. Allerdings haben die „anderen“ Eltern anstelle von Augen Knöpfe im Kopf und wollen auch Coraline unbedingt welche annähen … Dass die vermeintlich so tolle Wunschwelt, in die Coraline immer wieder eindringt, alsbald erhebliche Tücken offenbart, ist klar – aber Coralines zwangsläufige Auseinandersetzung damit wird sie am Ende zu einer realistischeren Einschätzung ihres Alltags führen (28. 11., Filmmuseum Potsdam).

Auch Tim Burton hat sich gemeinsam mit Henry Selick schon an die Puppenanimation gewagt („Nightmare Before Christmas“) und eigentlich ist sein „Batman“ (1989) auch nicht sehr weit davon entfernt. Denn der Film stellt seine eigene Künstlichkeit beständig aus: In den Actionszenen glaubt man beinahe, die Sprechblasen mit den „Boiiings“ der Original-Comics sehen zu können. Auch die Stadtentwürfe des Production Designers Anton Furst weisen keine Spur von Realismus auf: Die Skyline von Gotham City erinnert hier an eine mittelalterliche Stadt, in der sich dicht aneinandergedrängte Spielzeughäuschen um einen alles überragenden Kirchturm gruppieren (OmU, 30. 11., Filmrauschpalast).

Von der Batcave zur Höhle von Chauvet in Südfrankreich ist es im Kino ebenfalls nur ein kleiner Schritt. Letztere – 1994 von drei französischen Forschern im Flusstal der Ardèche entdeckt – dokumentiert Werner Herzog in „Die Höhle der vergessenen Träume“ (2010): Rund 32.000 Jahre alt sollen die Höhlenmalereien aus der Altsteinzeit sein, die Herzog hier mit der 3-D-Kamera festhält. Und tatsächlich macht diese Technik auch Sinn, denn die steinzeitlichen Künstler hatten die Beschaffenheit der Höhle, die Wölbungen der Felsen, bereits in ihre Malereien einbezogen: Die Wände zeigen im Grunde bereits Tiere in dreidimensionaler Bewegung (29. 11.– 30. 11., Filmmuseum Potsdam).