Proteste ebben ab, die Polizeigewalt bleibt

USA Ferguson-Proteste weichen der Kälte. Video vom Tod des Jungen in Cleveland veröffentlicht

Nur Sekunden nach dem Aussteigen erschießt der Polizist den 12-jährigen Tamir Rice

FERGUSON/ST. PETERS rtr/afp | Nach den schweren Unruhen in der US-Kleinstadt Ferguson sind die Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt etwas abgeebbt. Lediglich ein paar Dutzend Demonstranten versammelten sich am Mittwochabend vor dem Polizeihauptquartier des Vororts von St. Louis. Am Vorabend des Thanksgiving-Feiertags schienen winterliche Temperaturen die Protestbereitschaft der Menschen in Ferguson und anderen Orten im Mittleren Westen sowie an der Ostküste zu dämpfen. Eine der größten Demonstrationen in den USA wurde dagegen aus Los Angeles gemeldet. Die Polizei nahm Dutzende Menschen fest. Insgesamt wurden in den vergangenen Tagen bei Protesten mehr als 400 Menschen in Gewahrsam genommen.

In der Region um Ferguson haben die Unruhen offenbar einen rasanten Anstieg der Schusswaffenverkäufe bewirkt. Die Betreiber einer großen Schießübungsanlage, die 30 Kilometer entfernt von Ferguson liegt, berichteten, dass sich zuletzt vor allem weiße Käufer mit Handfeuerwaffen eingedeckt hätten. Vor dem Beginn der Unruhen seien täglich etwa drei bis fünf Schusswaffen verkauft worden, in den vergangenen Wochen hingegen 20 bis 30 pro Tag. Grund dafür sei offenkundig „die Angst vor dem, was in Ferguson passiert“.

Am Wochenende hatte noch ein weiterer Fall von Polizeigewalt die USA erschüttert: In Cleveland im Bundesstaat Ohio erschoss ein 26 Jahre alter weißer Beamter am Samstag den 12-jährigen schwarzen Jungen Tamir Rice, der eine Spielzeugpistole in der Hand hielt.

Bilder einer Überwachungskamera zeigten nun, dass der Polizist nach der Ankunft am Ort des Geschehens binnen Sekunden auf Rice schoss. Auf den körnigen Schwarzweißbildern ist zu sehen, wie Rice auf einem Gehweg läuft, mit der unechten Pistole herumfuchtelt und auf jemanden zielt. Dann setzt er sich in einen Pavillon. Wenig später kommt ein Polizeiwagen angerast, ein Polizist steigt aus und schießt unmittelbar nach dem Verlassen des Autos auf Rice.

Die Behörden veröffentlichten auch den Notruf eines besorgten Anwohners, der den Einsatz ausgelöst hatte. „Da ist ein Typ mit einer Pistole“, heißt es darin. „Sie ist wahrscheinlich unecht, aber er zielt auf jeden“, sagte der Anrufer weiter.

Der Anwohner verwies auch darauf, dass es sich nach seiner Ansicht um ein Kind handelte. Den Beamten am Einsatzort wurden diese Angaben aber offenbar nicht übermittelt. Die Polizei gab an, der Junge habe auf die dreifache Aufforderung, die Hände zu erheben, nicht reagiert. Wie das in den Sekundenbruchteilen zwischen dem Aussteigen des Polizisten und seinen Schüssen möglich gewesen sein sollte, wird zu klären sein.