Weihnachtsgrüße in das Moskauer Exil

COURAGE Whistleblower, Enthüller und Journalisten kämpfen für Informationsfreiheit. Organisationen, die sie unterstützen, sind auf Spenden angewiesen

■ Wau Holland Stiftung www.wauland.de

■ Courage Foundation couragefound.org

■ Freedom of the Press Foundation freedom.press

■ Digitalcourage e.V. digitalcourage.de

■ Reporter ohne Grenzen www.reporter-ohne-grenzen.de

■ Mit dem digitalen Briefkasten für sensible Daten, taz.informant, haben Whistleblower auch die Möglichkeit, der taz Daten und Informationen anonym und verschlüsselt zu schicken: informant.taz.de

VON MIRKO HEINEMANN

Als Herwart Holland-Moritz 1980 nach Berlin kam, gab es noch kein Internet. Informationen musste man sich mühsam in Archiven zusammensuchen, und Computer galten für den Durchschnittsbürger als Spielerei von Wissenschaftlern. Nicht so für Holland-Moritz oder Wau Holland, wie er seit seiner Jugend genannt wurde. Holland erkannte das gesellschaftliche Potenzial der digitalen Technologie und wurde einer der ersten „Hacker“ Deutschlands. 1981 gründete er den Chaos Computer Club in den Räumen der taz. Er trat für einen „schöpferisch-kritischen Umgang“ mit der neuen Technik ein.

Wau Holland wurde nicht alt. Er starb mit 49 Jahren an den Folgen eine Schlaganfalls. Dabei war er einer der wenigen, die schon damals ahnten, welche Ausmaße der globale Datenstrom annehmen und auf welche erbitterte Weise sogar in Europa der Kampf um Informationsfreiheit geführt werden würde. Zu den Hackern kamen „Whistleblower“. Als Enthüller übler Machenschaften werden sie von Regierungen gleichermaßen gefürchtet wie verfolgt.

Whistleblower, da denkt man sofort an die im Vorjahr in den USA zu 35 Jahren Gefängnis verurteilte Chelsea Manning oder den WikiLeaks-Aktivisten Julian Assange, der in diesem Jahr bereits sein drittes Weihnachtsfest in der Londoner Botschaft von Ecuador verleben wird. Auch der ehemalige US-Agent Edward Snowden dürfte sich über Weihnachtsgrüße ins Moskauer Exil freuen. Doch gibt es außer den dreien noch zahlreiche weitere Wahrheitssucher, Enthüller oder Journalisten, die für die Freiheit der Information ihre eigene Freiheit riskieren und Unterstützung gut gebrauchen können.

Wer mit seiner Spende diese Menschen und ihre Aktivitäten unterstützen möchte, findet sich im Labyrinth einer Vielzahl verschiedener Organisationen wieder. Darunter sticht die Stiftung im Geiste des 2001 verstorbenen Wau Holland heraus. Die Wau Holland Stiftung stößt Projekte an, die sich der Informationsfreiheit widmen und über geheime Machenschaften und den verantwortungsbewussten Umgang mit Daten aufklären. Die Stiftung unterstützt unter anderem Edward Snowden, WikiLeaks oder die Plattform TOR, die Spuren der Internetuser im Netz verwischt. Dabei ist die Stiftung mit einem Grundkapital von 62.000 Euro relativ klein. Die laufenden Projekte müssen deshalb durch Spenden finanziert werden.

Zum Schutz von Whistleblowern gehört ihre Verteidigung vor Gericht. Hier hilft die international tätige Courage Foundation – in der EU sammelt die Wau Holland Stiftung Spenden für die Foundation. Sie organisiert die Strafverteidigung von Menschen, die im Namen der Aufklärung ihre Freiheit riskieren. Möchte man konkret die internationale Arbeit von investigativen Journalisten unterstützen, ist die Freedom of the Press Foundation interessant. Die Stiftung unterstützt Journalisten, die sich gegen Korruption und Rechtsbeugung einsetzen, und arbeitet mit ähnlich ausgerichteten Organisationen zusammen. So kann man auf deren Seite direkt an WikiLeaks spenden, außerdem an das Center for Public Integrity, eine der ältesten Antikorruptionsorganisationen der USA.

Für verfolgte Whistleblower setzt sich auch der deutsche Verein Digitalcourage ein. Er ist aus dem Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs hervorgegangen und verleiht einmal im Jahr die Big Brother Awards. Diesen Negativpreis gibt es für Verstöße gegen die Grundsätze der informationellen Selbstbestimmung. Dieses Jahr bedacht wurde unter anderem das Bundeskanzleramt für „geheimdienstliche Verstrickungen in den NSA-Überwachungsskandal“. Digitalcourage wurde im September mit dem Panter-Preis der taz ausgezeichnet und macht regelmäßig darauf aufmerksam, dass Edward Snowden gern Asyl in Deutschland erhalten würde. Unterstützer können Fördermitglied werden oder sogar per SMS spenden.

Whistles for Whistleblower

Ebenfalls auf Spenden angewiesen sind die international tätigen Reporter ohne Grenzen, deren deutsche Sektion in diesem Jahr 20-jähriges Bestehen feiert. Diese Organisation dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit. Im Rahmen der Kampagne „Whistles for Whistleblowers“ führen die Reporter ohne Grenzen Aktionen vor den Botschaften der USA und Großbritanniens durch: Mit Pfeifkonzerten protestieren sie gegen die zunehmende Verfolgung von Enthüllern, den fehlenden gesetzlichen Schutz und machen auf die Bedeutung ihrer Arbeit aufmerksam. Ein einfacher Weg, diese Aktion zu unterstützen, ist der Kauf der besonderen Pfeifen „Whistles for Whistleblowers“. Sie kosten 6 Euro plus Versand.