Alles etwas suboptimal

TIM RAUE UND OLYMPIA

Kein Mensch muss politisch sein, und ohne gute Köche wäre die Welt ärmer dran

Es läuft nicht wirklich rund mit den Bemühungen, die Olympischen Spiele 2024 oder eher 2028 nach Berlin zu holen. Erst schaffte der Senat es nicht, bis zur Beantwortung eines Fragenkatalogs des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) zumindest das Parlament hinter sich zu bringen. Eine Onlineumfrage der Landesregierung, die seit Ende September weitgehend unbeachtet im Netz herumdümpelt, hatte es binnen zwei Monaten auf müde 820 Rückmeldungen in der Dreieinhalb-Millionen-Metropole geschafft. Und auch der Termin für eine Bürgerbefragung zu einer Bewerbung ist weiter offen.

In dieser Woche nun hat einer der gerade erst vorgestellten neuen Olympiabotschafter, Starkoch Tim Raue, eine bestenfalls ungeschickte Äußerung zu den Nazi-Spielen 1936 damit entschuldigt, dass er keine Ahnung habe vom damaligen Ausschluss jüdischer Sportler aus der deutschen Mannschaft, er sei kein politischer Mensch, sondern Koch.

Fakt ist: Kein Mensch muss politisch sein, und ohne gute Köche wäre die Welt ärmer dran. Es gibt auch keine grundgesetzliche Verpflichtung, Ahnung zu haben. Aber zum Olympia-Botschafter und damit zum halb offiziellen Vertreter Berlins sollte man nur Leute machen, die Ahnung haben.

Für eine professionelle Olympia-Bewerbung reicht es eben nicht, zu schauen, wen man denn so als Promi an der Hand hat, um ihn dann einfach mal so, als Botschafter etikettiert, vor die Medien zu stellen. Wenn jemand als Privatmann mit einer Äußerung danebenliegt, schadet das nur ihm selbst. Bei einem Olympiabotschafter aber fällt es auf die gesamte Kampagne zurück.

Entscheidet sich der DOSB im März tatsächlich für Berlin als Bewerberstadt, wird starke Konkurrenz vor allem aus Frankreich und den USA kommen – und auch genau hinschauen, wie man hier mit dem Erbe der Spiele von 1936 umgeht. Die PR-Leute dieser Länder werden sofort jede unbedachte Äußerung gegen Berlin verwenden.

Darüber aber hat man sich offenbar in der Senatskanzlei und beim Sportsenator zu wenig Gedanken gemacht, hat die Botschafter weder ausreichend auf ihre Vorzeigbarkeit gecheckt noch auf ihre Auftritte vorbereitet. Und das reiht sich leider nahtlos ein in die Liste bisheriger Pannen. Was noch nicht mal die Bewerbungsgegner freuen dürfte: Denn suboptimales Management bei der Bewerbung lässt Berlin auch unabhängig von Olympia nicht gut aussehen.

STEFAN ALBERTI