Die Heilige Stätte der Juden

Für Juden ist der Tempelberg heilig, weil hier die beiden jüdischen Tempel standen. Der Tempel Salomons, der im 6. Jahrhundert vor Christus durch die Babylonier zerstört wurde, und der zweite Tempel, der 70 nach Christus von den Römern zerstört wurde. Im Zentrum des heutigen muslimischen Felsendoms mit der goldenen Kuppel liegt der Even ha-Shetiyya, Hebräisch für „Gründungsfels“. Nach jüdischer Tradition liegt hier der Anfang der Welt. Abraham sollte an dieser Stelle seinen Sohn Isaak opfern. Nur der Hohepriester durfte am höchsten Feiertag, Jom Kippur, an den Felsen treten, um Gott um die Vergebung der Sünden seines Volks zu bitten.

Mit der israelischen Eroberung der Jerusalemer Altstadt 1967 räumte der damalige Verteidigungsminister Mosche Dajan den Muslimen Gebetsrechte ein, Anhänger anderer Religionen dürfen den Tempelberg nur besuchen. Dajan ging davon aus, dass die Moscheen für die Muslime religiöse Bedeutung hatten, für die Juden der Tempelberg hingegen nur historische.

Obwohl diese Regelung Juden und Christen gegenüber Muslimen benachteiligte, segneten die ultraorthodoxen und nationalreligiösen Rabbiner Israels Dajans Vorschlag ab. Grund dafür war das in der Halacha, dem jüdischen Religionsrecht, dargelegte Verbot für Juden, den Tempelberg zu betreten. Aus Sorge, der heiligste aller heiligen Ort könne verunreinigt werden, wollen ultraorthodoxe Juden bis heute keinen Fuß auf den Tempelberg setzen.

Im nationalreligiösen Lager streben Rabbiner zunehmend nach einer Veränderung des Status quo. Die Moderateren fordern Gebetsrechte für Juden; Radikalere, wie das Tempelinstitut, dem der jüngst knapp einem Mordanschlag entkommene Jehuda Glick angehört, zielen offen auf die Errichtung des dritten Tempels, um die Ankunft des Messias zu beschleunigen. Regierungschef Benjamin Netanjahu will den Status quo erhalten, doch Minister seiner Koalition und Parteifreunde im Likud verfolgen auch aus politischen Gründen eine andere Linie als er.