DIE DREI FRAGEZEICHEN: „Die ‚Bild‘ hatte gute Werte“
WIE BITTE? Bernd Wurm hat eine Software entwickelt, die Texte auf inhaltsleere PR-Phrasen überprüft und anschließend deren „Bullshit-Index“ errechnet
taz: Herr Wurm, warum haben Sie das „BlaBlaMeter“ entwickelt?
Bernd Wurm: Ich komme ja aus der IT-Branche und dort wird nahezu kein vernünftiger deutscher Satz mehr gesprochen. Die Leute reden in inhaltslosen Sprachblasen, nur um andere zu beeindrucken. Irgendwann kam mir die Idee, einen Computer dazu zu bringen, hohles Gefasel von inhaltlich anspruchsvoller Sprache zu unterscheiden.
Wie genau arbeitet das „BlaBlaMeter“?
Jeder Text wird dreistufig untersucht. Zuerst sucht der Algorithmus nach Bandwurmwörtern. Also sehr, sehr langen Wörtern, die gerade in der PR-Sprache gern benutzt werden. Die zweite Stufe ist eine Analyse auf Nominalstil. Vor allem in wissenschaftlichen Texten wird oft auf Verben verzichtet und stattdessen auf Substantivierungen zurückgegriffen. Dann sucht die Software nach ganz bestimmten Phrasen, die in der normalen Sprache nicht vorkommen. Zum Beispiel „optimieren“. Das sagt im realen Leben niemand, außer derjenige will beeindrucken.
Das FDP-Wahlprogramm erzielt einen Wert von 0,45 und gilt für Ihre Software damit bereits als „heiße Luft“. Was war der höchste „Bullshit-Faktor“ bei einem Text?
Die höchsten Werte erzielten Profilbeschreibungen von Unternehmen. Da gab es Werte bis zu 4. Aber es gibt nicht nur inhaltsleere Texte in der PR. Gerade im Feuilleton hatte so manche Qualitätszeitung im Test Ausreißer nach oben. Da wird öfter mal geschraubt formuliert. Die Bild-Zeitung hatte dagegen überraschend gute Werte. Das „BlaBlaMeter“ weiß eben nicht, ob eine Aussage richtig oder falsch ist. Es untersucht nur die Sprache des Textes. INTERVIEW: ROBERT IWANETZ
■ Bernd Wurm, 43, lebt in Frankfurt am Main und arbeitet als Internetentwickler
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