Brandenburg gegen Braunkohle

Per Volksinitiative wollen Umweltverbände und Grüne den Ausstieg aus der Braunkohle erzwingen. Linkspartei will über Beteiligung beraten. Regierung hatte sieben neue Tagebaue ins Spiel gebracht

VON UWE RADA

Wenn nicht mit, dann eben gegen die Regierung. Um den Anfang vom Ausstieg aus der Braunkohle zu machen, haben sich in Brandenburg am Wochenende Umweltverbände und Grüne auf eine Volksinitiative verständigt. Ihr Titel lautet: „Keine neuen Braunkohlentagebaue – für eine zukunftsfähige Energiepolitik“. Start der Unterschriftensammlung soll im Oktober sein. „Ohne die Braunkohle anzutasten, kann man die Klimaziele weder in Europa noch weltweit erreichen“, sagte René Schuster, der Sprecher der Grünen Liga Brandenburg, zur Begründung.

Den Anstoß zu der Initiative, die mit dem Berliner Volksentscheid vergleichbar ist, gab die Landesregierung in Potsdam selbst. Mitte Mai hatte Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) eine Studie der TU Clausthal vorgelegt. Darin werden sieben Gebiete aufgeführt, in denen nach 2030 Braunkohle gefördert werden könnte. 33 Orte wären von der Abbaggerung und knapp 8.000 Menschen von einer Umsiedlung bedroht.

Auch wenn Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) vorsichtig auf Distanz zum Koalitionspartner gegangen ist, wollen die Braunkohlegegner nun Druck machen. „Brandenburg hat mit 23,8 Tonnen einen höheren CO2-Ausstoß pro Jahr als die USA“, sagt der Landeschef der Grünen, Axel Vogel. „Das Land steht zusammen mit Nordrhein-Westfalen als letzter Verteidiger der Braunkohle da.“ Die Grünen und die Umweltverbände setzen dagegen ganz auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Kräftigen Rückenwind könnte den Umweltschützern ausgerechnet die Linkspartei geben. Haben die Genossen bislang vor allem mit Arbeitsplätzen in den Lausitzer Tagebauen argumentiert, deutet sich nun ein Sinneswandel an. Landeschef Thomas Nord hatte das Junghanns-Gutachten mit den Worten kommentiert: „Das sind Pläne klimapolitischer Neandertaler.“ Nord plädiert deshalb für einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Braunkohle bis 2040. Ende September will Die Linke entscheiden, ob sie sich am Volksentscheid beteiligt.

Der Generalsekretär der Brandenburgischen SPD, Klaus Ness, zweifelte indes an der Beteiligung der Linken und erinnerte daran, dass allein im Landkreis Spree-Neiße 12.000 Arbeitsplätze von der Braunkohle abhängen. „Die Partei der Arbeiterklasse wird sich nicht gegen die Arbeiterklasse richten“, orakelte Ness. Er bekräftigte erneut die Position der SPD, verstärkt auf CO2-freie Kraftwerke zu setzen. „Wenn wir aus der Braunkohle aussteigen würden, würde niemand mehr in diese Technologie investieren“, kritisierte er.

Darüber hinaus betonte Ness, dass neue Tagebaue nur dann in Betrieb genommen würden, wenn der Stromversorger Vattenfall ein neues Kraftwerk baut. „Als Erstes ist also Vattenfall am Zug.“ Vattenfall Europe selbst nannte die Debatte über weitere Tagebaue verfrüht. Das Unternehmen prüfe derzeit alle Alternativen, um die Beeinträchtigungen für Mensch und Umwelt auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Vertreter der Volksinitiative erläuterten unterdessen, dass zunächst 20.000 Unterschriften gesammelt werden müssen. Lehnt der Landtag dann den Antrag ab, müssen für das folgende Volksbegehren 80.000 Stimmen zusammenkommen. Verweigert das Parlament erneut die Zustimmung, werden die Wähler zum Volksentscheid aufgerufen.