Mathelehrer in spe: Versetzung gefährdet

Findet die Uni keinen Ersatz, müssen 80 Studierende wegen Prüfer-Mangels bis 2008 auf ihr Staatsexamen warten

Alle Leistungsnachweise beisammen – und trotzdem noch ein Jahr auf die Prüfung warten müssen: Dies droht rund 80 angehenden LehrerInnen, die sich in den vergangenen Wochen für das erste Staatsexamen anmelden wollten. Das Staatliche Prüfungsamt (StaPa) der Wissenschaftsbehörde akzeptiert die entsprechenden Anmeldungen nur, wenn zwei Lehrende bescheinigen, die Prüfung abzunehmen. In diesem Jahr waren so viele ProfessorInnen überlastet, dass etwa 40 Prozent der Studierenden in Mathematik, Sport und „Ästhetischer Erziehung“ die Unterschriften nicht beschaffen konnten.

Nach Protesten von Studierenden beim Rektorat haben Universität und Bildungsressort eine Sonderregelung beschlossen. Die bis zum 12. Juli möglichen Anmeldungen für das erste Staatsexamen im Winter werden ausnahmsweise auch ohne die Nennung eines Prüfers oder einer Prüferin akzeptiert. Diese werden später durch das StaPa benannt.

Axel Schusters studiert im 10. Semester Deutsch und „Ästhetische Erziehung“. Der künftige Grundschullehrer leitet ein Tutorium zur Vorbereitung auf das erste Staatsexamen. Für ihn ist die Sonderregelung keine Lösung: „Die Lehrenden, bei denen man seine Veranstaltungen gemacht hat, die kennt man und weiß, worauf sie achten. Nun bekommt man jemand völlig fremdes vor die Nase gesetzt, der womöglich gar nicht im Thema ist.“ Solche Fälle hätten in der Vergangenheit häufig zu schlechten Prüfungsergebnissen geführt.

Schusters sieht den Prüfermangel als direkte Folge der Kürzungen im Bildungsbereich: „Die Uni wird kaputt gespart.“ Die Arbeitsbelastung vieler Lehrender sei so hoch, dass sie „reihenweise“ wegen Krankheit ausfielen. Die Uni kalkuliere jedoch weiter mit den erkrankten Lehrkräften. Entsprechend steige die Arbeitsbelastung der verbleibenden PrüferInnen. „In diesem Jahr haben viele die Notbremse gezogen und gesagt: ‚Wir nehmen keinen mehr.‘“ Schusters und andere Studierende haben seit vier Jahren auf die dünne Personaldecke hingewiesen – ohne Erfolg.

Der Studiendekan des Fachbereiches für Erziehungswissenschaften an der Uni Bremen, Heinz-Dieter Schulz, bestätigt dies: „Wir sind personell in der Tat grenzwertig aufgestellt.“

Kritisch äußerte sich auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): „Studierenden ein schnelles Studium abzuverlangen und gleichzeitig keine zeitnahe Prüfung zu gewährleisten weist auf eine Vernachlässigung des Lehramtsstudiums hin“, so GEW-Landesverbandssprecher Bernd Winkelmann. Der Senat solle sich „nicht hinter Exzellenzinitiativen verstecken“, sondern den Mangel an Professuren beheben.

Manfed Rumberg von der Wissenschaftsbehörde weist dies zurück: Der aktuelle Mangel an PrüferInnen sei dadurch entstanden, dass viele Lehrende keine Prüfberechtigung hätten. Diese sollen nun kurzfristig vergeben werden, um den Engpass zu beheben. Weiterhin seien Lehrende mit Prüfungsberechtigung in der letzten Zeit gehäuft ausgeschieden. Zudem sei der aktuelle AbsolventInnenjahrgang außergewöhnlich groß. Insgesamt sei das Problem aber „lösbar“.

Die Befürchtung der Studierenden, PrüferInnen zugeteilt zu bekommen, die mit ihren jeweils gewählten Prüfungsthemen nichts anfangen können, hält Rumberg für unbegründet: „Wir holen keinen Agrarwissenschaftler aus Oldenburg.“ Es könne allenfalls sein, dass die Ersatzprüfer über „nicht so große Erfahrung“ mit der Abnahme der Examensprüfungen verfügten. Fachlich handele es sich jedoch um Leute, die „im weitesten Sinne die Materie kennen“.

Christian Jakob