: „Das Falschgeld kriegen Sie nicht ersetzt“
Umgang mit Blüten I: Auch wer unwissentlich mit gefälschten Banknoten bezahlt, wird verdächtigt, eine Straftat begangen zu haben, sagt Polizeisprecher Schodrowski. Die Polizei prüfe dann, woher das Falschgeld kommt
BERNHARD SCHODROWSKI, 39, ist Kriminalhauptkommissar und Sprecher der Berliner Polizei.
taz: Herr Schodrowski, zwei Kolumbianer wurden vergangene Woche von der Polizei rüde behandelt, nachdem ein Lesegerät an einer Kasse bei „Saturn“ ihren 500-Euro-Schein als Falschgeld erkannte. Die beiden mussten sich ausziehen, wurden gefesselt, eingesperrt, gefilmt. Kann so etwas jedem passieren?
Bernhard Schodrowski: Wir filmen niemanden bei einer körperlichen Durchsuchung.
Wie kam es dann dazu?
Dazu kann ich jetzt noch nichts sagen, aber die Überwachungskameras gehören zum Kaufhaus. Es gab dennoch auf jeden Fall Anhaltspunkte, die es notwenig machten, die Tatverdächtigen festzuhalten. Das Geldlesegerät hat angeschlagen. Außerdem trugen die beiden Männer Geldscheine bei sich mit Stempeln drauf. In Deutschland ist es nicht üblich, Geld zu stempeln.
Wie ist denn das normale Prozedere, wenn ich etwa mit einem falschen 50-Euro-Schein an einer Kasse bezahle?
Dann stehen Sie im Verdacht, eine Straftat begangen zu haben. Die Polizei muss den Sachverhalt aufklären, sie leitet gegebenenfalls ein Ermittlungsverfahren ein und schaut, ob sich der Verdacht erhärtet.
Warum wird automatisch angenommen, dass ich die falschen 50 Euro bewusst in Umlauf bringen will?
Weil Sie die Handlung ausführen. Daraus entsteht der Verdacht. Der Verkäufer wiederum muss die Polizei rufen, sonst vereitelt er möglicherweise die Verfolgung einer Straftat.
In der Mehrzahl der Fälle stellt sich diese Verdächtigung doch als falsch heraus.
Natürlich geht es um einen subjektiven und einen objektiven Tatbestand. Objektiv liegt falsches Geld vor. Damit handelt es sich objektiv um ein Falschgelddelikt. Deshalb kommt die Polizei. Es wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Paragraf 146. Die 50 Euro in Ihrem Fall würden dafür mit Sicherheit reichen. Wir fragen: Wo haben Sie das Geld her? Sie werden vielleicht sagen: aus dem Geldautomaten, vom Blumenladen …
Und der subjektive Tatbestand?
Da ist zum einen die Möglichkeit, dass Sie das Geld tatsächlich in Umlauf bringen wollten. Zum anderen, dass Sie unwissentlich falsches Geld in die Hand bekommen haben. Wir als Polizei sind gehalten, das rauszufinden. Natürlich wird es immer schwierig bleiben, wenn man als Normalsterblicher in so eine Situation kommt und sich erklären muss. Die Polizei prüft alles, was Sie be- und entlastet.
Wann sind die Verdachtsmomente denn ausgeräumt?
Wenn man klären kann, dass das Geld nicht wissentlich in Umlauf gebracht wurde. Wenn Sie beispielsweise sagen, ich habe es am Geldautomaten gezogen, gehen wir zur Bank und überprüfen den Geldweg.
Wann bin ich entlastet?
Wenn der Staatsanwalt das Ermittlungsverfahren einstellt.
Was kann ich tun?
Sie können den Ermittlungen helfen, wenn Sie wissen, wo der Geldschein her ist. Aber selbst wenn sich der Verdacht ausräumen lässt, kriegen Sie das Geld nicht ersetzt. Sie haben den Schaden.
Zurück zu den Kolumbianern: Wie ging es in diesem Fall weiter?
Es gab Verdachtsmomente, und wir sind per Gesetz verpflichtet, ihnen nachzugehen. Wir müssen abwägen, was stimmt, was schlüssig ist. Ich bin glücklich, dass wir den Verdacht ausräumen konnten. Die Leute sind unschuldig. Aber natürlich müssen wir Menschen auch durchsuchen und fesseln in so einer Situation – schon zur Eigensicherung. Dass das Unannehmlichkeiten sind, keine Frage. Wir bedauern das, aber es ist für uns kein Grund, uns zu entschuldigen, weil der Einsatz der Sachlage nach korrekt gelaufen ist.
INTERVIEW: WALTRAUD SCHWAB