Lob und Tadel fürs Landärzte-Locken

GESUNDHEIT Den Versuch, den Ärztemangel zu beheben, bewerten die Kassenärztlichen Vereinigungen sehr unterschiedlich

Lob aus Schleswig-Holstein, harsche Kritik aus Hamburg: Bei den dortigen Kassenärztlichen Vereinigungen stößt das geplante Gesetz gegen Ärztemangel auf unterschiedliche Reaktionen. Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) befürwortet das geplante Gesetz, jene in Hamburg (KVH) lehnt es dagegen ab.

Die Bundesregierung hat gestern gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht, um die wohnortnahe medizinische Versorgung zu sichern. Junge Mediziner sollen dabei vor allem durch finanzielle Anreize aufs flache Land gelockt werden.

„Wenn alle Benachteiligungen zusammenkämen, würde dies für Hamburg eine Ausdünnung der Arztpraxen, sinkende Honorare und damit lange Wartezeiten bedeuten“, teilte die KVH mit. Der stellvertretende Vorsitzende Walter Plassmann erklärte: „Schon heute kann man als Landarzt in den östlichen Bundesländern deutlich mehr Geld verdienen als in Hamburg.“ Im Bundesvergleich lägen die Honorare der Hamburger Ärzte bereits im unteren Drittel.

Viele Patienten reisten von weither an, um in der Stadt spezielle Fachärzte zu besuchen, so KVH-Sprecherin Barbara Heidenreich. „Der Anteil an der von den Ärzten durchgeführten Versorgung bei Patienten, die nicht aus Hamburg kommen, beträgt je nach Quartal 20 bis 25 Prozent“ – mit steigender Tendenz.

Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) lobte, der Gesetzentwurf enthalte entscheidende Schritte zur Sicherstellung einer hochwertigen medizinischen Versorgung.

Nach Angaben der KVSH sind im Norden derzeit 21 Arztsitze unbesetzt, und zwar im dünn besiedelten Südwesten des Landes. Jeder vierte der 1.900 Hausärzte ist über 60 Jahre alt, rund 900 werden in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand gehen. Es rücken nach derzeitigem Stand aber nicht genügend nach, um sie alle zu ersetzen.

Dass nach dem neuen Gesetz auch das Land bei der Bedarfsplanung mitreden soll, findet bei der KVSH keinen Zuspruch: „Das sehen wir skeptisch“, sagte Sprecherin Esther Rüggen. Wie bisher sollte allein die Selbstverwaltung zuständig bleiben, also Kassen und Ärztevertretung.  (dpa)

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