10 Prozent ist so gut wie nichts

Sind Berliner Geschichtsbanausen?

VON GEREON ASMUTH

Zehn Prozent der Berliner sind der Meinung, dass der Bau der Mauer richtig war. Das sind selbstverständlich immer noch 10 Prozent zu viel. Aber sind sie auch ein Grund zur Aufregung? Im Gegenteil: Sie sind ein Anlass zur Gelassenheit. Denn erstens wurde gefragt, ob der gruselige Mauerbau aus damaliger Sicht nötig und gerechtfertigt war. Das muss noch lange nicht heißen, dass alle Jasager die Mauer wiederhaben wollen. Und zweitens: Was sind schon 10 Prozent?

Würde man die Berliner fragen, ob sie für die Todesstrafe sind, die Wahl einer rechtsextreme Partei in Betracht ziehen oder sich einen König wünschen, 10 Prozent Jastimmen dürften stets sicher sein. Das Beruhigende ist doch: 90 Prozent der Berliner sehen den Mauerbau zumindest in Teilen kritisch. Und das in einer Stadt, in der ein Großteil der Bürger das Weltbild der DDR-Obrigkeit von klein auf eingebläut bekam.

Aktuelle Wissenslücken

Auch dass ein Viertel aller Neuberliner und jeder Dritte unter 30 nicht weiß, wann genau die Mauer gebaut wurde – für Angeber: es war ein Sonntag –, ist kein Drama. Die Wissenslücken, was aktuelle Politik angeht, sind viel größer. Wer sich tatsächlich am Stammtisch echauffieren will, sollte diesen Wert kennen: 38 Prozent aller Berliner haben keine Ahnung, wer Frank Henkel ist. Und nur für den Fall, dass Sie die Antwort auch gerade nicht parat haben: Er ist Fraktionsvorsitzender, Landeschef und Spitzenkandidat einer Partei, die über 20 Prozent der Stimmen bei der Abgeordnetenhauswahl einfahren will. Und jetzt mal ehrlich: Wissen Sie, ohne nachzuschauen, an welchem Tag gewählt wird?

Richtig schlimm ist am Ende nur eins: Gefühlt 37,8 Prozent aller Leser dieses Kommentars wissen mit Prozentzahlen nichts anzufangen. Hüben wie drüben.