Schöner wohnen wird teurer

Die Hauptstadtmieten sind in den letzten zwei Jahren um knapp 6 Prozent gestiegen. Sanierte Wohnungen sind besonders betroffen. Junge-Reyer: Anstieg ist „moderat“

VON VEIT MEDICK

Die Mietpreise haben in den letzten zwei Jahren weiter angezogen. Sie stiegen um 5,8 Prozent auf durchschnittlich 4,75 Euro pro Quadratmeter. Das geht aus dem Mietspiegel 2007 hervor, den Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gestern vorstellte. Insbesondere gut sanierte Altbauten sind von den Mieterhöhungen betroffen, Neubauten in westlichen Bezirken sind dagegen günstiger geworden. 100.000 Wohnungen stünden in der Hauptstadt leer, sagte die Senatorin.

Die aktuelle Steigerungsrate entspricht in etwa der aus dem vorigen Berechnungszeitraum 2003–2005. Damals hatten sich die Mieten um 5,9 Prozent erhöht. Im Vergleich zu anderen Großstädten wie Hamburg oder München sei die Steigerung der Mittelwerte „moderat“, sagte Junge-Reyer. Der Mietspiegel zeige, dass die Preise „auch im Wettbewerb durchaus einen Standortvorteil darstellen“.

Mieterverbände übten dagegen scharfe Kritik. Der Berliner Mieterverein hob hervor, in der Spitze hätten sich die Mietpreise um 23 Prozent verteuert. Die „kräftigen Mietsteigerungen“ führte der Verband auf „falsche Weichenstellung“ des Senats zurück. So habe der Verkauf von 150.000 Wohnungen in den letzten zehn Jahren zusätzliche Erhöhungsspielräume geschaffen.

Im Mietspiegel, der alle zwei Jahre erscheint und 1,2 Millionen Wohnungen erfasst, wird die Nettokaltmiete nach Stadtteil, Lage und Ausstattung der Wohnung sowie nach dem Baujahr des Hauses aufgeschlüsselt. Nach Ansicht von Junge-Reyer bietet er für Mieter und Vermieter ein „rechtssicheres Instrumentarium“, das Auseinandersetzungen beenden könne, bevor das Gericht eingeschaltet werde.

Schon im Vorfeld der Veröffentlichung war es zu Konflikten gekommen. Die Berliner Mieterorganisationen hatten angekündigt, den Mietspiegel nicht anzuerkennen. Ihrer Ansicht nach ist die Spanne der berücksichtigten Mieten von bis zu 80 Prozent zu groß und treibe so die Durchschnittswerte in die Höhe. Die Vermieterseite verwies auf eigene Zugeständnisse. So sei ein „innenliegendes Bad“ jetzt kein Merkmal mehr, das Mieterhöhungen rechtfertige, sagte ein Sprecher des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen. Außerdem würden erst die hohen Energie- und Müllentsorgungskosten das Wohnen wirklich verteuern.

Auffällig ist, dass sogenannte Mietfelder von teils enormen Preiserhöhungen betroffen sind. In Berlin gibt es drei Wohnlagenkategorien – einfach, mittel und gut. BewohnerInnen von kleinen Wohnungen unter 40 Quadratmetern in einfachen Wohngegenden müssen nach dem neuen Mietspiegel Steigerungen von bis zu 14 Prozent verkraften. Zudem sind die Mieten von gut ausgestatteten Altbauten in guten Gegenden überdurchschnittlich betroffen. Insbesondere die fortschreitende Sanierungstätigkeit sei dafür verantwortlich, sagte Junge-Reyer. Neubauwohnungen im Westteil der Stadt sind dagegen preiswerter geworden.

Auch die Einstufung der Wohnlage wurde überarbeitet. Von den rund 10.000 Anpassungen wurden 8.000 Adressen höher eingeschätzt. Die Aufwertungen in gute Wohnlagen betrafen vorwiegend das historische Zentrum, die Gegend um die Friedrichstraße und Unter den Linden. Auch der Helmholtzplatz und die Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg sowie die Bereiche Bergmannstraße, Chamissoplatz und Teile des Graefekiezes in Kreuzberg wurden aufgewertet. Sie werden jetzt unter „mittlerer Wohnlage“ geführt.