Alle sind sich einig, fast

WAHLEN Für die SPD ist nicht ausgemacht, wer nach der Wahl den Bürgermeister stellt

Spannend bleibt der Bezirk, weil hier die Kleinen bisweilen groß sind – und umgekehrt

Einigkeit allüberall, so scheint es. Fast gleichlaut klingt, was die drei Großen in Friedrichshain-Kreuzberg – Grüne, SPD, Linke – im Wahlkampf fordern: bezahlbare Mieten, keine Verlängerung der A100, ein anwohnerfreundliches Spreeufer, mehr Kita-Plätze.

„Ganz so ist es nicht“, hält Jan Stöß, Finanzstadtrat und SPD-Bürgermeisterkandidat, dagegen. Anders als die Grünen habe man die geplante Mercedes-Niederlassung am Spreeufer nicht blockiert, sondern begrüßt. 1.200 Arbeitsplätze seien so gerettet worden. Zudem, zielt Stöß auf eine Grünen-Kampagne, stehe die SPD für Offenheit und heiße „auch Touristen willkommen“. Dass nach der Wahl wieder Grün regiert, hält die SPD nicht für ausgemacht. Die Partei, 2006 7 Prozentpunkte hinter den Grünen, verweist auf die Option einer Zählgemeinschaft, die etwa mit der Linken möglich sei.

Linken-Spitzenkandidat und Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler kommentiert die Idee zurückhaltend. Es sei berechtigte Sitte, dass die stärkste Fraktion den Bürgermeister stellt. Die Linke war 2006 der große Verlierer: Stellte man zuvor noch die Bezirksbürgermeisterin, stürzte die Partei bei der Wahl um 12 Prozentpunkte ab. Der Glaube, dies nun wieder wettzumachen, scheint verloren: Die Partei verzichtet auf einen eigenen Bürgermeisterkandidaten.

Stattdessen streicht die Linke Soziales heraus: mehr Kinderbetreuung, mehr altersgerechtes Leben. „Auch Schwächere und Kranke müssen hier ihren Platz behalten“, betont Mildner-Spindler. Gerade Zugezogene seien in dem Punkt „sehr unsolidarisch“.

Spannend bleibt der Bezirk auch, weil hier die Kleinen bisweilen groß sind – und umgekehrt. Ganze 8,8 Prozent holte die CDU vor fünf Jahren. Zweistellig soll es diesmal werden, sagt CDU-Bezirkschef Kurt Wansner. Wahlkampfschwerpunkt: mehr Sicherheit, weniger Krawall und Kriminalität im Bezirk.

Selbstbewusst geben sich die Piraten. Die haben im Bezirk ihre Stimmenhochburg: 6,2 Prozent waren es zur letzten Bundestagswahl – mehr als die FDP. „Mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung“ fordert Spitzenkandidat Ralf Gerlich. Bewohner sollten online mitpolitisieren können, im Parlament als Experten befragt werden. Ein Bürgerhaushalt mit festem Budget müsse her. Mittels einer „BVV Leaks“-Plattform werde man bezirksrelevante Dokumente anonym ins Internet befördern. Gerlichs Wahlziel: „Das Bundestagsergebnis deutlich toppen.“

Bleiben die Anarchos. Die Spaßpolitiker der „Partei“ schicken Rapper der HipHop-Crew K.I.Z. ins Rennen. Die Bergpartei/Überpartei sucht mit dem Reggae-Kreuzberger PR Kantate, die Anarchistische Pogo-Partei Deutschland mit der „Entschwabisierung Kreuzbergs“ den Weg an die Macht. 1 Prozent sollte drin sein, heißt es dort. KO