Türkischer Sportverein
: Aus „Gala“ wird ein FC

In Zukunft wird lediglich die Bosporusbrücke im Wappen an die türkischen Wurzeln des 1. FC Galatasaray Spandau erinnern. Denn am morgigen Sonnabend will sich der Verein in „Spandauer Fußballclub Berlin“ (SFC) umbenennen. „Die Entscheidung steht fest. Mit dem neuen Namen sind wir in Berlin besser aufgehoben“, ist sich der designierte Vorsitzende Serdar Kaya sicher. „Auch wenn es einigen Fans schwer fällt, wenn sie dann nicht mehr ‚Gala‘ rufen können.“

Bundesweit dürfte der Schritt des rund 80 Mitglieder starken „Türken-Clubs“, unter deutschem Namen weiterzumachen, ohne Beispiel sein. Mehmet Matur, der Integrationsbeauftragte des Berliner Fußball-Verbandes, lobt die „Vorbildfunktion“ der Spandauer. Er weiß allerdings auch um die mediale Gratwanderung: „Die Frage wird sein, wie die türkischen Zeitungen mit dem neuen Verein umgehen.“ Denn für deutsche Reporter ist der Bezirksligist in Zukunft nur noch einer von vielen Vereinen an der Havel und für deren türkische Kollegen dann vielleicht keiner mehr der ihren, über den es sich intensiv zu berichten lohnen würde.

Die Macher des Spandauer Fußballclubs haben sich trotzdem entschlossen, eine neuartige Symbiose einzugehen, für die im umgestylten Wappen die Bosporusbrücke und die rot-weißen Berliner Farben stehen. „Wir wollen Preußmanen werden“, betont Aufsichtsratschef Osman Engüroglu. Preußen und Osmanen, geeint durch das Ziel einer „gelebten Integration“ für Menschen aller Länder und Religionen. „Der Verein will offen sein für jedermann. Denn so wie bisher geht es auf keinen Fall weiter“, erklärt Geschäftsführer Burak Isikdaglioglu.

Denn Misswirtschaft und Abkapselung haben Galatasaray – der im Jahr 1989 als „Üsküdarspor“ gegründet wurde, benannt nach einem Stadtteil Istanbuls – zum Auslaufmodell gemacht. Die Jugendabteilung floh zum Lokalrivalen Alemannia Haselhorst. Sponsoren mieden den Club. Auch die meisten Bewohner des Kiezes machten lieber einen Bogen um den Kickplatz des Vereins am Grützmacher Weg.

Galatasaray endete in jener Sackgasse, die Integrations-Befürworter auch vielen anderen türkischstämmigen Clubs in der Hauptstadt prophezeien. Was dort ablaufe, sei eine Atomisierung der Szene in viele separate Vereine für Aleviten, Sunniten oder Schiiten, Menschen aus bestimmten Städten und Regionen oder Anhänger populärer Vereine aus der alten Heimat wie Galatasaray oder Fenerbahce Istanbul. Wer aber für „Fener“ schwärmt, gönnt wiederum Galatasaray Spandau kaum einen Cent Eintritt. Ein Aushängeschild mit überregionaler Strahlkraft wie Türkiyemspor – dem Multikulti-Knuddelclub der Kreuzberger Alternativen – bildet hier die Ausnahme.

Der drohenden Selbstgettoisierung erteilt der SFC – dessen Sinnspruch „Viribus unitis“ („Gemeinsam sind wir stark“) ist – mit seiner Umbenennung nun eine Absage. Neben dem angestrebten Aufstieg in die Verbandsliga haben sich die Vereinsmacher soziale Projekte auf die neue Vereinsfahne geschrieben: Nachhilfeunterricht für Kinder und Jugendliche, Sprachförderung für deren Eltern, Kooperationen mit Kitas – auf diese Weise soll Integration gelebt werden. Geplant ist außerdem ein Baseballteam für Muslima, die wegen des Schleierzwangs sonst kaum Sport treiben könnten.

„Es gibt keine Alternative zu der Umbenennung. Wir gehen den anderen, den richtigen Weg“, beteuert Vorsitzender Kaya.

Jürgen Schulz