300-Euro-Jobs in Gefahr

Eigentlich soll es um die Arbeitslosen gehen. Doch bei der Debatte um den Abbau der Ein-Euro-Jobs in Bremen spielen die Interessen der Beschäftigungsträger mindestens eine genauso große Rolle

von Eiken Bruhn

„Der ist schon in Ordnung“, sagt Stefan Blome über seinen Job im Schnoor. In historischer Uniform lockt der 32-Jährige Touristen ins Bremer Geschichtenhaus, wo verkleidete Kollegen und Kolleginnen durch die Bremer Historie führen. Sie alle arbeiten als Ein-Euro-Jobber, im Amtsdeutsch „Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung“ genannt. Das bedeutet: Arbeitslose wie Stefan bekommen die ihnen zustehenden Sozialleistungen und zusätzlich einen Euro Stundenlohn dafür, dass sie einer Aushilfstätigkeit nachgehen. Und dabei neue Fertigkeiten lernen, um hoffentlich irgendwann einen „richtigen“ Job zu bekommen. Jedenfalls theoretisch. Faktisch ersetzen oft diejenigen, denen es nicht an Qualifikation, sondern nur an einem Arbeitsplatz fehlt, angestellte Mitarbeiter. Und die anderen, die nicht viel mehr haben als einen Hauptschulabschluss und manchmal nicht einmal den, können hinterher nicht zwangsläufig mehr als vorher – oder nicht das, was ihnen weiterhelfen würde. Die rot-grüne Koalition hat deshalb versprochen „umzusteuern“, weniger Geld für Ein-Euro-Jobs auszugeben und dafür mehr für Qualifizierung und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze.

Zeitgleich hat eine Arbeitsgruppe der Verwaltung in der Agentur für Arbeit und der Kommune einen Plan für 2008 vorgelegt, wonach ein Großteil der Ein-Euro-Jobs ohnehin wegfallen soll. Statt rund 3.700 Plätzen für Menschen über 25 Jahre soll es nur noch 2.400 geben, sagt Uwe Lange, Geschäftsführer der Bras, die auch das Geschichtenhaus betreibt und 860 Plätze bereithält. Für die Beschäftigungsträger ist die Entwicklung eine Katastrophe, da sie für jeden Ein-Euro-Jobber 300 Euro monatlich für den Betreuungsaufwand bekommen. Noch. In Zukunft sollen es nur 200 Euro sein.

Das bedeute letztendlich, dass die Träger „schrumpfen“ müssten, räumt Silvia Schön ein. Der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Grünen waren die Ein-Euro-Jobs bereits zu Oppositionszeiten „ein Dorn im Auge“, wie sie es ausdrückt. Sprich: Diejenigen, die dafür sorgen sollen, dass Arbeitslose in Arbeit kommen, müssen selbst Mitarbeiter entlassen, nachdem sie wegen der Hartz-Reformen tüchtig aufstocken konnten. Die Bras hat beispielsweise jetzt 100 Beschäftigte, früher waren es nicht einmal halb so viele, so deren Geschäftsführer Lange. Nun sagt er dasselbe wie Silvia Schön: „Es geht nicht darum, was gut für die Träger ist, sondern gut für die Leute, die keine Arbeit haben.“

Doch während Schön sich mittels einer Bundesratsinitiative dafür einsetzen will, dass es in Zukunft möglich ist, öffentliche Leistungen als Gehalt auszuzahlen, hält Lange dies für ungerecht gegenüber denjenigen, die in normalen Beschäftigungsverhältnissen ohne öffentliche Förderung kaum mehr als 1.000 Euro nach Hause tragen.

Ein Viertel aller Injobs sind übrigens nicht besetzt. Lange vermutet, dass einige Beschäftigungsträger Ein-Euro-Jobs anbieten, die niemand will.