„Ohne Schlepper kein Asyl“

DEMO Die Bremer SPD soll auf Bundesebene die Verschärfung des Aufenthaltsgesetzes verhindern

■ 32, ist in der Bremer AG „Flucht ist kein Verbrechen“ aktiv und seit 8 Jahren bei der Flüchtlingsinitiative Bremen.

taz: Frau Schröder, heute soll ein Flashmob vor der SPD-Zentrale stattfinden. Um was geht es?

Anna Schröder: Am Mittwoch wurde vom Bundeskabinett die umfassendste Verschärfung des Aufenthalts- und Asylgesetzes seit den 1990er-Jahren beschlossen. Das Gesetz ist Teil einer Reihe von Vorhaben, welche die Bedingungen für Asylsuchende und MigrantInnen extrem verschlechtert. Das zeigt: Die Rede von „Willkommenskultur“ ist pure Heuchelei. Denn die Bundesregierung betreibt eine gegenteilige Politik.

Bremen aber wird darüber gar nicht mit abstimmen …

Das Vorhaben muss wohl nicht durch den Bundesrat, aber unsere Forderung richtet sich an die SPD, die das Gesetz auf Bundesebene mit vorantreibt. Die Bremer SPD soll klar dagegen Position beziehen und darauf hinwirken, dass das Gesetz nicht Realität wird.

Was kritisieren Sie konkret?

Es wurden etwa diverse Gründe geschaffen, um Geflüchtete zu inhaftieren, zum Beispiel wenn sie jemandem Geld bezahlt haben, um hierher zu kommen. So drohen massenhafte Inhaftierungen. Flucht wird noch weiter zu einem Verbrechen gemacht.

Dabei geht es um relativ hohe Beträge ab 3.000 Euro …

Das sind mittlerweile gängige Preise für eine Flucht. Weil es keine legale Möglichkeit gibt reinzukommen und die Wege gefährlicher werden, steigen die Preise. Letztendlich muss man sagen: Ohne sogenannte Schlepper gäbe es gar kein Grundrecht auf Asyl. Teil des Gesetzespaketes ist es auch, Asylsuchenden, deren Anträge als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurden, Arbeitsverbote und Wiedereinreisesperren aufzudrücken. Die Unterscheidung in „gute“ und „schlechte“ Flüchtlinge wird weiter vorangetrieben, obwohl wir spätestens seit der Deklarierung von Ländern wie Serbien zu „sicheren Herkunftsstaaten“ sehen können, dass die Ablehnung eines Asylantrages noch lange nicht heißt, dass die Person nicht verfolgt wird oder keine Lebensmöglichkeit hat, sondern dies eine politische Entscheidung ist.

Allerdings sollen nun auch langjährig Geduldeten leichter ein Bleiberecht erhalten.

Auch die letzten Gesetzesänderungen wurden mit Bonbons verkauft, hier ist es nun die Bleiberechtsregelung. Im selben Atemzug gibt es Verschärfungen, die de facto zu einer Wiedereinführung der Kettenduldungen führen. Tendenziell setzt sich fort, was von der Bundesregierung seit Jahren verfolgt wird. Während es eine besorgniserregende Mobilisierung aus der Bevölkerung gegen Flüchtlinge gibt, setzt die Politik dem zu wenig entgegen, sondern gießt Ressentiments in Gesetze. Ähnlich war es in den 90er-Jahren. INTERVIEW: JPB

16 Uhr, SPD-Zentrale, Obernstr. 39