POLITIK

sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Am Donnerstag soll vor dem Adrema Hotel (Gotzkowskystraße 20/21, 12 Uhr) demonstriert werden. Denn dort wird „ein Praxisseminar“ in Sachen „Unionbusting“ gegeben, im Seminarplan finden sich Themen wie „So gestalten Sie kreative Kündigungsgründe“, „Die richtige Reaktion auf Arbeitnehmersünden“ oder „Die Kündigung ,störender‘ Arbeitnehmer“. Kurz – hier wird gelehrt, wie die Arbeitgeber_innen ihre Untergebenen so richtig fies fertigmachen können. Laut den Demoaufrufer_innen „empfiehlt die Kanzlei ,kreative Kündigungsgründe‘, den Einsatz von Privatdetektiven, Videoüberwachung und Datenschnüffelei, um Beschäftigte kostengünstig loszuwerden“. Dagegen soll nun selbstredend heftigst und entschieden protestiert werden.

Am Freitag wird in der Bibliothek der Freien über die Hungerkatastrophe 1932/33 in der Sowjetunion gesprochen, denen sechs bis sieben Millionen Menschen zum Opfer fielen und die keine Naturkatastrophe waren – die bolschewistischen Parteifunktionäre unter Stalin wollten ländlichen Sozialstrukturen das Rückgrat brechen und glaubten, Ernteerfolge im Politbüro exakt planen zu können. Zudem erfanden sie die „Kulaken“, ein Wort, das als Kampfbegriff gegen die Bauern und die agrarisch geprägte Dorfkultur genutzt wurde. So weit, so richtig, und Stalins Kampf um die Macht war wesentlicher Hintergrund dieser Hungermorde. Doch der Titel „Stalins Hungergenozid in der Ukraine“, den die Veranstaltung trägt, ist irreführend – und von einem Genozid kann dabei eigentlich wirklich nicht die Rede sein. Massenmord war es mit Sicherheit, doch das Wort erschien den Veranstalter_innen vermutlich nicht reißerisch genug.

Am Montag wird im Südblock (Admiralstraße 1–2, 20 Uhr) jüngere Linksradikalengeschichte geschrieben und zugleich Solidarität geübt – Bernhard, ein mutmaßliches Mitglied der militanten Gruppe K.O.M.I.T.E.E., wurde vor kurzem in Venezuela verhaftet und soll an die Bundesrepublik ausgeliefert werden. Da das K.O.M.I.T.E.E., das eine Niederlassung des deutschen Militärs mit Brandsätzen attackierte (ohne Menschenleben zu bedrohen) und plante, ein leer stehendes Knastgebäude in die Luft zu sprengen, wird die Gruppe als Terrorgruppe eingestuft, jenem Bernhard drohen also hohe Strafen.

Am Dienstag schließlich wird im Neuköllner Café Laika (Emser Straße 131, 20 Uhr) darüber sinniert, ob Mauerfalljubiläum und 70 Jahre Kriegsende im nächsten Jahr nicht so zelebriert werden, dass es nach einem „Happy End für Deutschland“ aussieht. Diskutiert soll daher werden, wie man diesen Konsens aufbricht.