Atomkonsens aufkündigen!
: KOMMENTAR VON MALTE KREUTZFELDT

Das Versagen des Stomkonzerns Vattenfall ist offensichtlich. Technische Fehler im Reaktor, überfordertes Personal und Konzernchefs, die vertuschen und verschweigen, lassen nur einen Schluss zu: Dieses Unternehmen darf keine Atomkraftwerke mehr betreiben. Doch damit ist es längst nicht getan.

Zum einen darf durch die berechtigte Kritik an Vattenfall nicht der Eindruck entstehen, die anderen AKW-Betreiber seien zuverlässig. In der derzeitigen Debatte halten sie sich vor allem deshalb so vornehm zurück, damit niemand an ihre Problemreaktoren erinnert. Ob Biblis (RWE), Brokdorf (Eon) oder Philippsburg (EnBW) – mit gefährlichen Zwischenfällen haben alle Konzerne zu kämpfen.

Zum anderen stellen die Vorfälle in Krümmel und Brunsbüttel nicht nur die Betreiber in Frage, sondern die deutsche Atompolitik der vergangenen Jahre. Im sogenannten Atomkonsens aus dem Jahr 2000 haben sich nämlich nicht nur die Energiekonzerne verpflichtet, ihre Reaktoren bis ungefähr 2020 nach und nach vom Netz zu nehmen – sofern bis dahin nichts Gegenteiliges beschlossen wird. Die Politik versprach im Gegenzug, dass „der ungestörte Betrieb der Kernkraftwerke“ gewährleistet werde.

Was das heißt, ist seit Jahren zu besichtigen: Obwohl die Zahl der Fehler, die als „meldepflichtige Ereignisse“ verharmlost werden, gerade durch die Alterung der Atomkraftwerke und den Fachkräftemangel der Atombranche deutlich zugenommen hat, bleibt die Atomaufsicht untätig. Selbst ernsthafte Zwischenfälle haben für die Unternehmen keinerlei Konsequenzen – getreu dem Motto: Konsens statt Konflikt.

Doch während die Politik ihren Teil der Vereinbarung in unverantwortlicher Weise übererfüllte, sehen sich die Konzerne durch den Konsens zu nichts verpflichtet. Mit allen Tricks versuchen sie derzeit, ihre alten Reaktoren über das Jahr 2009 hinaus zu retten – in der Hoffnung auf neue politische Mehrheiten. Das dürfen sich Gesellschaft und Politik nicht länger gefallen lassen. Der Atomkonsens muss aufgekündigt werden. Der neue Atomkonsens muss heißen: Sofortige Abschaltung der alten und ein schnelleres Ende für die neuen AKWs.