Union spielt mit vollem Risiko

Die Köpenicker wollen mit aller Macht in die neue 3. Liga. Dafür wird sogar das Geld für die Nachwuchsarbeit gekürzt

Fußball-Regionalligist 1. FC Union Berlin hat sich am Samstag bei seinem fünften Testspiel blamiert und beim Oberligisten TSG Neustrelitz verdient mit 1:2 (1:0) verloren. Trainer Uwe Neuhaus setzte überwiegend Spieler der zweiten Reihe ein und schonte seine voraussichtliche Stammelf für die am Mittwoch bevorstehende Partie gegen Leeds United. „Wir haben in der zweiten Halbzeit zu wenig investiert“, kritisierte Trainer Neuhaus. DPA

Uwe Neuhaus ist der Trainer, dem die Union-Fans vertrauen. „Ich bin lange genug auf der Couch gesessen, mir wurde schon langweilig“, gestand der 47-Jährige aus dem Ruhrpott, als er beim Malocher-Club aus Köpenick präsentiert wurde. Seit seiner Entlassung in Essen im Herbst 2006 war er auf Jobsuche.

Gut erholt soll Neuhaus jetzt die „Eisernen“ über eine hohe Hürde hieven. „Wir sind davon überzeugt, dass wir mit ihm unser großes Ziel, die neue, eingleisige 3. Liga erreichen werden“, verkündet Sportdirektor Christian Beeck. Doch alle 19 Rivalen im Amateur-Oberhaus wollen das. Experten prophezeien der Regionalliga deshalb eine Harikiri-Saison: Scheitern bei Strafe des wirtschaftlichen Ruins.

Stolz verweist Union vor dem Auftakt am 28. Juli gegen Fortuna Düsseldorf darauf, mit „Silicon Sensor“ eine bekannte Hightech-Firma als Trikotsponsor gewonnen zu haben. Zuvor war über das Engagement einer Brauerei spekuliert worden, was Fußballerkreise als letztes Mittel gegen eine werbefreie Heldenbrust interpretierten.

„Durch unseren Einstieg wollen wir den bekannten Traditionsverein auf seinem Weg unterstützen, wieder zurück in den Profifußball zu kommen“ betont Bernd Kriegel, Geschäftsführer des neuen Union-Partners aus Oberschöneweide. Eisernen-Präsident Dirk Zingler gelobt: „Unsere gemeinsame geografische Herkunft und der gemeinsame Wille, den Menschen in der Region Perspektiven und Identität zu geben, werden unsere Zusammenarbeit prägen.“

Eine Zukunft hätten gern auch jene fünf Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle gehabt, die Union nicht mehr beschäftigen wollte. Als „Umschichtungen innerhalb des Vereins“ deklariert der Präsident die Stellenstreichung. Das eingesparte Geld steckt er in die Mannschaft: Mit Marco Gebhardt, Michael Bemben und Macchambes Younga-Mouhani kamen drei frühere Bundesliga-Kicker. Alles auf die „10“, lautet Unions Devise. Mindestens Platz 10 muss für die 3. Bundesliga her. Letzte Saison schrammten die Eisernen auf dem 12. Rang am Abstieg vorbei.

Diese Zitterpartie soll und darf sich nicht wiederholen. Der Löwenanteil am Etat (2,9 von 4,1 Millionen Euro) verschlingt der Spielbetrieb der 1. Mannschaft. Der Nachwuchshaushalt wurde dagegen um 150.000 Euro gekappt. „Hier wird am falschen Ende gespart, das kann gefährlich nach hinten losgehen“, warnen Kritiker.

Dazu kommt, dass sich die Ungereimtheiten häufen: Bei Ex-Coach Christian Schreier soll Union noch in der Kreide stehen. Lokalrivale Tennis Borussia erhielt von Union erst nach Meldung beim DFB die überfälligen 17.500 Euro für den im Januar von Charlottenburg nach Köpenick gewechselten Stürmer Nenad Vuckovic. Und der Bezirk Treptow-Köpenick hat gar Klage gegen Union eingereicht. Es geht um eine sechsstellige Summe, angeblich für nicht entrichtete Werbe- und Zuschauereinnahmen.

Zuschlechterletzt droht auch das Prestigeobjekt, die Modernisierung der baufälligen Arena „Alte Försterei“, zur Hängepartie zu werden. Monat für Monat hat Präsident Zingler die Übergabe der landeseigenen Spielstätte an Union angekündigt. Jetzt mischt die EU in dem Immobiliendeal mit. „Es gibt noch zu viel Abstimmungsbedarf“, erklärt Sprecherin Irina Dähne vom Liegenschaftsfonds Berlin.

Die Zeit spielt gegen Union. Ohne renoviertes Stadion gibt’s wohl auch keine 3. Bundesliga in Köpenick. Eine Ausnahmegenehmigung für die marode Wuhlheide-Kampfbahn wird es nicht mehr geben, hatte Zingler schon im Januar verkündet.

JÜRGEN SCHULZ