Auf der Suche nach den Krankmachern

KRANKEITSHÄUFUNG In Wewelsfleth liegt die Krebsrate deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Einen Zusammenhang mit dem nahe gelegenen AKW Brokdorf gibt es laut der bislang einzigen Studie nicht

„Die Wewelsflether sind verunsichert“

Karsten Hinrichsen, Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe

„Wir haben eine Straße“, sagt Ingo Karstens, „da ist kein Haus ohne jemanden, der Krebs hatte oder hat.“ Karstens ist Bürgermeister von Wewelsfleth, Kreis Steinburg, rund vier Kilometer entfernt vom AKW Brokdorf. Seit Jahren geht in der 1.500-Einwohner-Gemeinde der Krebs um: Deutlich häufiger als im Bundesdurchschnitt erkranken hier die Menschen. „Die Wewelsflether sind verunsichert“, sagt Karsten Hinrichsen von der Bürgerinitiative Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe, „sie möchte wissen, woher diese Krankheitshäufung kommt.“

Ein Gutachten über das Krebscluster wurde bereits erstellt, im Dezember 2010 forderte der Gemeinderat die Landesregierung auf, „dass die in Wewelsfleth gehäuft auftretenden Krebserkrankungen wissenschaftlich belastbar untersucht werden“. Passiert ist seither nichts. Nun hat die Bürgerinitiative eine Unterschriftenaktion gestartet, um „Druck auf die Landesregierung“ zu machen, sagt Hinrichsen. Mehr als 1.000 Unterstützer fand der Appell bereits.

Hinrichsen, seit Jahrzehnten gegen den Brokdorfer Atommeiler politisch und juristisch aktiv, vermutet einen Zusammenhang zwischen der radioaktiven Strahlung und dem Krebscluster. Genau den aber schließt das Gutachten als „unwahrscheinlich“ aus, das 2009 vom Lübecker Institut für Krebsepidemologie in Zusammenarbeit mit dem Krebsregister erstellt wurde.

Zwar gebe es in Wewelsfleth seit Ende der neunziger Jahre „in einem statistisch auffälligem Maß“ Krebsfälle, heißt es da. Aber: „für Leukämien und Lymphone, für die u. a. radioaktive Strahlung ursächlich verantwortlich gemacht wird, zeigen sich unauffällige Erkrankungsraten“. Die Auswertung legte nahe, es handele sich „lediglich um eine zufällige Erhöhung“, und befand, „weiterführende eigenständige Studien“ seien „nicht zielführend“.

Mit dieser Einschätzung aber wollen Karstensen und seine Bürgerinitiative sich nicht länger abspeisen lassen. MAC