Visionen vom Sommerloch

Die drei elbnahen Galerien Feinkunst Krüger, Oelfrüh und Tinderbox veranstalteten am Wochenende ein kombiniertes Bootsfahrt-Konzert-Ausstellungs-3-Gänge-Menue namens „Butter bei die Fische“

von Imke Staats und Helga Bogner

Und so ging’s: Zur Kaffeezeit finden sich die meisten Teilnehmer bei Feinkunst Krüger ein, inmitten des sommerfrischen Portugiesenviertels. Die heiße Luft riecht nach Grillfisch und ist erfüllt von süddeutschen Akzenten. Drinnen bei Krüger zeigen bei Butterkuchen und Filterkaffee aus der Pumpkanne zwei Hamburger unter dem Titel „Immer noch Sommerloch“ was ihnen im Sommer eingefallen ist. Oft tut die Hitze ihr Werk, in diesem Jahr zerfließt alles eher in Wassermassen: Michael Conrads multimateriellen Malereien liegt zunächst ein Schema zugrunde, er verlässt dieses im Malprozess. Die Lage seiner geometrischen Formen im Bildraum lässt er offen.

Visonen vom Sommerloch? Auf Volker Huellers großformatigen Bildern scheint es verspielter zuzugehen. Man kann sich in neuen Welten verlaufen. Seine Bilder wollen nichts als Bilder sein, frei von Assoziationen.

Der Galerist bläst zum Aufbruch. Die Gäste formieren eine Kunstreisegruppe, um an den Landungsbrücken eine Barkasse zu besteigen. Und müssen zunächst warten. Die Band Boy Division, schick bekleidet mit Schlipsen, Leichtmatrosenkäppis und schlecht bemalt mit Tatooimitationen soll an Bord.

Getränke werden geladen – noch ist unklar, was an welchem Anleger zu geschehen hat. Akustisch angeführt vom hektisch telefonierenden Galeristen Ralf Krüger rennt das Kunstvolk auf den Landungsbrücken hinter dem Boot her, immer durch Herden von Wochenendlern. An Bord ist alles wieder gut. Olli Boy singt durchs Megaphon, Drummer Bernd Boy bearbeitet einen alten Kochtopf. Fröhlich werden alte Wave-Hits zu immer neu ausgeschenkten Getränken aufgespielt, alles inklusive. Da gilt es ordentlich zu trinken ohne seekrank zu werden.

Nach Speicherstadt und Veddel dreht der Kahn bei. Da erscheint die erste Anlaufstelle bierumspült noch romantischer als ohnedies: Hafenkräne und Rost schmücken den Brandshofer Deich am Freihafen. Manchen überrascht dieser Kunststandort. Hier ist Oelfrüh, die zweite Galerie, betrieben von vier Leuten. Absolventen der Kieler Muthesiusschule haben Arbeiten in dem Zweckbau platziert. Zum Thema „Abseits“ zeigen sie Fotografien, Videos und Installationen und beziehen sich dabei auch auf die Lage des Ortes. Zwei Videos wurden hier gedreht. Ein weiteres zeigt die abseitige Welt einer Frau, die als Medium Botschaften empfängt. Sie erwartet das Ende der Zivilisation vorbereiten und hortet Vorräte.

Durch die Räume dringt das Aroma von frischem Brot: hier wird gebacken, allerdings kleinste Brötchen, so groß wie Pralinen. Sie gehen weg wie warme Semmeln. Antje Feger zeigt so auf charmante Weise ihre Haltung zum Kunstbetrieb. Draußen wartet der Hauptgang der Menüreise. Fetttriefender Pannfisch als Grundlage zum dazu ausgeschenkten Bommerlunder. Bei jedem Gast trinkt Pannmaster und Galerist Christopher einen mit.

Gestärkt will die Reisegruppe los zum nächsten Ziel, doch die Tide ist ihnen dazwischen gekommen: das Boot musste bereits ablegen, um nicht im Schlamm stecken zu bleiben. Also weiter im Gänsemarsch zu Fuß – über die stark befahrene Elbbrücke. Vorbei an den Highlights von Rothenburgsort: derstaatlichen Alkoholdestille und dem Golfabschlagsplatz.

Im alten Backsteinspeicher steht Diane Kruse,Hausherrin der Tinderbox, mit Roter Grütze zwischen einer Europaletten-Skulptur und großformatigen Malereien. In den Räumen fühlt man sich in die Admiralitätsstrasse versetzt. Daniel Wogenstein und Philipp Joswig, ehemalige Meisterschüler Gustav Kluges an der Karlsruher Akademie, bilden das künstlerische Dessert.

Auf der Rückfahrt vom Entenwerder Fähranleger zu den Landungsbrücken fand niemand mehr das Sommerloch so gefrässig wie das Ozonloch, aber zumindest sehr sehr durstig.