Richter vor Gericht

VERFAHREN Der Mitarbeiter im Justizprüfungsamt soll Examen an Nachwuchsjuristen verkauft haben

Rund 200 Sonderprüfer untersuchen deswegen die Abschlüsse von 2.000 Juristen

Im Skandal um gekaufte Jura-Examen muss sich der angeklagte Richter vom 17. Dezember an vor dem Landgericht Lüneburg verantworten. Bis Sommer kommenden Jahres sind mehr als 50 Verhandlungstage angesetzt, teilte ein Sprecher des Gerichts am Donnerstag mit.

Dem 48-Jährigen werden Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall, Verletzung des Dienstgeheimnisses und versuchte Nötigung vorgeworfen. Die 3. Große Strafkammer ließ die Anklage der Staatsanwaltschaft Verden zu, hieß es weiter. Ein Urteil könnte am 30. Juni kommenden Jahres fallen.

Der Richter, Mitarbeiter im Justizprüfungsamt des Landes Niedersachsen, soll Referendaren Lösungen für das zweite Staatsexamen verkauft haben. Rund 200 Sonderprüfer untersuchen deswegen nachträglich die Abschlüsse von 2.000 Juristen. „Wir werden definitiv dieses Jahr mit der Überprüfung fertig werden“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums in Hannover am Donnerstag. Bislang seien bereits die Prüfungen von 1.900 Absolventen abgeschlossen.

In 15 Fällen bestehe der Verdacht, dass Prüfungsleistungen auf unredliche Weise erzielt worden seien, hieß es Mitte November im Rechtsausschuss des Landtages. In diesen Fällen sollen Verfahren zur Aberkennung des zweiten Staatsexamens eingeleitet werden. In mehr als 99 Prozent der überprüften Fälle hätten keine Anhaltspunkte für Täuschungshandlungen festgestellt werden können.

Der 48-Jährige war im vergangenen März in Italien festgenommen und später an Deutschland ausgeliefert worden, nachdem seine Flucht bundesweit Aufsehen erregt hatte. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Mit einem europäischen Haftbefehl gesucht, war der Jurist in einem Mailänder Hotel aufgespürt worden. Er soll bei seiner Festnahme 30.000 Euro und eine Pistole mit sich geführt haben.  (dpa)