Dirty Dancing

Aber das Klo ist sauber

„Es ist dieser verdammte jugendliche Hang zur Schwermut!“, sagte meine Begleitung. Hätte ich das gesagt, hätte ich erklären müssen, wie ich das meine. Ich aber fragte nicht nach, als wir auf dem Weg zum West Germany über allgemeine Befindlichkeiten sprachen. Ich tat so, als wüsste ich, wo der Eingang ist. Und sie tat so, als fände sie den Arztgeruch im Treppenhaus schon irgendwie spannend.

Es gab keinen Rotwein im West Germany und auch keine Bilder oder Fotos oder lustig zusammengebastelte Sachen. Nur von Schreibmaschinen beschriebene Blätter, auf denen durchgestrichene Wörter waren. „Kunst verstehen müssen, ist sowieso schon sehr anstrengend. Wenn es dann noch Geschriebenes auf Englisch ist, das man verstehen muss, bin ich raus.“

Sagte meine Begleitung. Und das war eine gute Überleitung zum Bier, das man trinken konnte anstatt Rotwein. Der Mann hinterm Tresen war schüchtern und sprach leise, was angenehm war. Ein wenig zum Ausruhen. Bis jemand hinter mir die Erdnüsse entdeckte, mich aber nicht. Raus auf den Balkon. „Offene Aura oder so“, hörte ich ein Mädchen sagen, das auf einem Plastikstuhl saß und eine schöne Handtasche auf dem Schoß hielt. Mit Blick auf Kreuzberger Hochhäuser hörten wir, wie der Apple, der drinnen auf einem Tisch aus Bierkisten stand, nach dem „Dirty Dancing“-Soundtrack Rage Against the Machine spielte, was das Gespräch auf StudiVZ brachte. Ich tat so, als wüsste ich nicht, was das ist, dafür tat sie so, als wüsste sie nicht, was MySpace ist, und ich ging aufs Klo, das recht sauber war. Nur der Boden war fast schwarz. „Wollen wir noch ein Bier trinken?“, fragten wir später fast gleichzeitig, obwohl es schon Zeit war, schlafen zu gehen. LAURA EWERT