Streit um Gutachten

ELBVERTIEFUNG Hamburg und Wasserdirektion Nord weisen Vorwurf zurück, bei Elbvertiefung zu tricksen. Umweltverband BUND ist davon nicht überzeugt

Die Rechtsgrundlagen für die Ausbaggerung werden laut BUND „immer angreifbarer“

Mit Nachdruck hat Hamburgs Wirtschaftsbehörde Vorwürfe zurückgewiesen, bei der Elbvertiefung zu tricksen. „Die Vorwürfe sind haltlos und falsch“, teilte sie am Montag mit: „Es wurde selbstverständlich nichts unterschlagen.“

Der Spiegel hatte am Sonntag vorab gemeldet, dass ein Gutachten der niederländischen Universität Delft über den steigenden Salzgehalt des Elbwassers bei einer erneuten Ausbaggerung der Elbe den EU-Naturschutzbehörden vorenthalten worden sei. Danach würde sich die Salzwassergrenze um 13 Kilometer flussaufwärts verlagern. Das aber hätte gravierende Auswirkungen sowohl auf den Obstanbau im Alten Land als auch auf Industrieunternehmen wie Dow Chemical in Stade. Das Elbwasser müsste aufwendig entsalzt werden, Dow und auch die Obst-Gemeinde Jork gingen von hohen Kosten aus.

Behördlich zuständig für die Pläne, die Elbe zwischen Hamburg und Cuxhaven um einen Meter auf 14,50 Meter zu vertiefen, ist die Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) Nord in Kiel. Dort wird eingeräumt, in Brüssel nur eine „zusammenfassende Bewertung“ vorgelegt zu haben. Es sei gängiges Verfahren, keines der zahlreichen Gutachten der EU direkt vorzulegen, sagt WSD-Sprecher Helmut Külsen. In diesem Fall sei der WSD die Delfter Expertise weniger plausibel erschienen als andere Gutachten. Danach gehe man von einer Verschiebung nur „um 1.000 bis 1.900 Meter aus“.

Alle Gutachten seien aber nicht nur der EU bekannt und zugänglich. „Die kann jeder im Internet unter www.fahrrinnenausbau.de nachlesen“, sagt Külsen. Auch seien alle Unterlagen im Planfeststellungsverfahren Gegenstand der öffentlichen Erörterung gewesen. Das sei alles „jederzeit transparent kommuniziert worden“, betont auch Hamburgs Wirtschaftsbehörde.

Nicht vollständig überzeugt ist davon Manfred Braasch, Hamburger Geschäftsführer der Umweltorganisation BUND. „Das sind keine trivialen Fragen“, findet er, die Rechtsgrundlagen für die Ausbaggerung des Flusses würden „immer angreifbarer“.

Noch aber gibt es nicht einmal einen förmlichen Planbeschluss. Mit dem rechnet die WSD zum Jahresende und danach mit Klagen von Projektgegnern. Der BUND hält sich das offen, detailliert äußern will er sich erst am Donnerstag auf einer Pressekonferenz. SVEN-MICHAEL VEIT