Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Bevor man die Ausstellungen in der Berlinischen Galerie und dem Collegium Hungaricum (.CHB) zu Lajos Kassák betritt, hat Kassák selbst das Wort. In einem etwa 20-minütigen Film reflektiert der damals 80-Jährige anlässlich seiner ersten, ihn auch als visuellen Künstler präsentierenden Ausstellung in Ungarn, sein Schaffen. Für Romantik hat es demnach wenig Platz in dem Leben des Mannes gegeben, der als Metallarbeiter mit 20 Jahren zu malen und Gedichte zu schreiben beginnt. 1915 gründet er seine erste revolutionäre Zeitung (A Tett, „Die Tat“). Von hier aus beginnt Kassák eine aus heutiger Perspektive klassische Netwerkarbeit. In seinen Zeitungen finden sich Bilder von Schwitters und Texte von Lenin. Malend, zeichnend, schreibend und eine Zeitung nach der anderen herausgebend, ermöglichte ihm seine experimentelle Arbeitsweise, sich mit der künstlerischen Avantgarde zu vernetzen. Sein Stil vereint Dada, Surrealismen und Konstruktivismus. Ganz seinem eigenen Motto entsprechend, „Der neue Mensch ist nicht dazu da, um sich anzupassen, sondern um Stellung zu nehmen“, formuliert er Statements, die heute nicht weniger radikal sind als damals in seinem Wiener Exil oder nach der Rückkehr in Ungarn, wo er noch heute eher als Schriftsteller bekannt ist.

„Ihr müsst zerstören, um bauen zu können, ihr müsst bauen, um siegen zu können“ ist dann auch die maßgebende Aussage für Michael Badics, der die eigenwillige Installation im .CHB entwickelt hat. Es ist eine Ausstellung, die man selbst zusammenstellen muss, nachdem sie sich selbst zerstört hat. Vermeintlich zumindest, denn die Computerterminals, mit denen die Projektoren gesteuert werden, greifen auf programmierte Inhalte zurück. Und so hat man glücklicherweise nur geringen Einfluss auf die Koordinaten des konsequent geführten Lebens von Lajos Kassák.

■ Lajos Kassák, Botschafter der Avantgarde 1915–1927; bis 17. 10., Mi.–Mo., 10–18 Uhr, Berlinische Galerie, Alte Jakobstraße 124–128 ■ Manifest: Kassák! Eine intermediale Annäherung; tgl. 10–19 Uhr, Collegium Hungaricum Berlin (Haus Ungarn), Dorotheenstr. 12