Dalai Lama, Erleuchteter
: Ein Mann mit viel Arbeit

TENZIN GYATSO, 72, ist die 14. Inkarnation des Dalai Lama und damit weltliches und religiöses Oberhaupt der Tibeter. Foto: DPA

Der Dalai Lama ist ein Mann, der den Spagat üben muss. Als politisches Oberhaupt des tibetischen Volkes und Chef einer Exilregierung muss er politisch klug handeln. Als Oberhaupt einer religiösen Traditionslinie muss er aber auch spirituelle Glaubwürdigkeit ausstrahlen. Einerseits versucht er, das Los seines Volkes zu verbessern, indem er eine Autonomie Tibets innerhalb des chinesischen Staates zu erreichen sucht. Andererseits versucht er, selbst buddhistischer Mönch, die Lehre Buddhas zu verbreiten. Das ist viel Arbeit – auch für einen Erleuchteten.

Der Dalai Lama gilt gläubigen Tibetern als 14. Reinkarnation ebenso erleuchteter Vorgänger. Wie sie soll er sich entschlossen haben, aus freien Stücken in die Welt zurückzukehren, um den nicht erleuchteten Wesen zu helfen. Eine Mönchsabordnung entdeckte den Zweijährigen 1937 in einem Dorf im Nordosten Tibets.

Gemessen an der Aufmerksamkeit, die er auf sich zieht, dürfte der Dalai Lama zu den erfolgreichsten Vertretern des Buddhismus heute gehören: Tausende lauschen seinen Unterweisungen in seinem Exil im nordindischen Dharamsala. 1998 kamen 11.000 Menschen nach Schneverdingen in die Lüneburger Heide, wo er „Buddhas Weg zum Glück“ unterrichtete.

Kurz gefasst stellt der Buddhismus fest, dass alles Leben mit Leiden verbunden ist. Dieses Leiden entsteht durch Wünsche, die wiederum durch Sinneseindrücke und das Bewusstsein hervorgerufen werden. Letztere gelten als Illusionen. Werden sie als solche erkannt – und dazu dient die buddhistische Schulung – endet das Leiden.

An zwei Tagen seines Besuchs will der Dalai Lama über Gewaltlosigkeit als Weg zum Frieden sprechen. Er selbst ist aus seiner Heimat 1959 nach zehnjähriger chinesischer Besetzung über den Himalaya geflohen. Damals tobte ein Volksaufstand, den das chinesische Militär gewaltsam niederschlug. Der Dalai Lama suchte fortan vom Exil aus nach politischen Lösungen. Ein Fünf-Punkte-Plan, mit dem der künftige Status Tibets geklärt werden sollte, trug ihm im Jahr 1989 den Friedensnobelpreis ein. Am Status Tibets freilich hat das nichts geändert. KNÖ