Vattenfall sorgt für Lichtblick

Pannen und Preiserhöhungen setzen Vattenfall unter Druck. Die Kunden wechseln verstärkt zu Ökostromanbietern. Am meisten profitieren jedoch Billigversorger, die auch Atomstrom verkaufen

VON UWE RADA

Immer mehr Berliner verlassen Vattenfall, und immer mehr von ihnen wechseln zu einem Ökostromanbieter. Das ist die Zwischenbilanz, die die Deutsche Umwelthilfe (DUH) aus ihrer Stromwechselkampagne zieht. „Nach den Preiserhöhungen von Vattenfall und den Störfällen in den von Vattenfall betriebenen Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel gibt es eine Beschleunigung beim Stromwechseln“, sagt Gerd Rosenkranz von der DUH der taz.

Seit September letzten Jahres koordiniert die DUH die Kampagne „Atomausstieg selber machen“, zu der sich vor allem die großen Umweltschutzverbände zusammengeschlossen haben. „Doch das Interesse an der Kampagne war noch nie so groß wie jetzt“, berichtet Rosenkranz. Mittlerweile hätten auch viele Kirchengemeinden Kontakt aufgenommen, die ihren Strom künftig von einem der vier Anbieter beziehen wollten, die die Kampagne empfiehlt: Lichtblick, Greenpeace Energy, Naturstrom und die Elektrizitätswerke Schönau.

Großer Gewinner der Ökowechsellaune ist Lichtblick. Seit der Ankündigung der Vattenfall-Preiserhöhung im Mai verzeichnet das Hamburger Unternehmen monatlich 3.000 Neukunden alleine aus Berlin, freut sich Lichtblick-Sprecher Gero Lücking. Gerade erst hat das größte der vier Ökostromunternehmen das angestrebte Jahresziel nach oben korrigiert: „Anfang des Jahres haben wir 280.000 Kunden im Auge gehabt. Nun haben wir 295.000 Kunden und haben uns 340.000 zum Ziel gesetzt.“ Langfristig strebt Lichtblick sogar zwei Millionen Kunden an.

Gleichwohl liegt der Marktanteil von Lichtblick in Berlin noch bei mageren zwei Prozent. In Hamburg, wo derzeit 2.000 Kunden im Monat von Vattenfall zu Lichtblick wechseln, sind es 5 Prozent. Zum Vergleich: Bei den letzten Wahlen zum Abgeordnetenhaus gaben alleine 13,1 Prozent der Berliner Wähler den Grünen ihre Stimme.

Dass der Wechsel eines Stromanbieters eine „zähe Angelegenheit ist“, räumt auch Gerd Rosenkranz von der DUH ein. Darüber hinaus haben Nicht-Ökoanbieter wie Nuon weitaus stärker von der Vattenfall-Preiserhöhung profitiert als die Ökoanbieter. Knapp 26.000 Kunden seien alleine in Berlin zu Nuon gewechselt, hatte die Berliner Zeitung vor kurzem berichtet. Dennoch zeigt sich Rosenkranz optimistisch, dass auch die Wechselstimmung in Richtung Ökostrom anhält. „Die Menschen haben erkannt, dass sie mit einem solchen Wechsel auch auf die Geschäftspolitik der großen Stromkonzerne Einfluss nehmen können.“ Das Ziel der Kampagne ist es, so Rosenkranz, „Atomstrom unverkäuflich zu machen“.

Offiziell gibt man sich bei Vattenfall – der den einstigen Monopolisten Bewag übernommen hatte – gelassen. „Wir sind wettbewerbserfahren“, versichert die Sprecherin von Vattenfall Europe Berlin, Barbara Meifert. Wechslerzahlen will der Konzern aber nicht vorliegen. Einzig und allein der Hinweis auf einen Marktanteil von 85 Prozent ist Meifert zu entlocken. Vor einem Jahr hatte der schwedische Stromkonzern noch 90 Prozent der Berliner unter Vertrag.

www.atomausstieg-selber-machen.de