Konfrontation ist nicht alles

Betr.: „Undercover bei der Antifa“, taz hamburg vom 19. 6. 2007

Bei aller Sympathie mit der linksautonomen Szene machen deren Reaktionen auf das Vorgehen der Polizei während der Demonstration am 14. 10. – wie auch der Unterton in der diesbezüglichen taz-Berichterstattung – doch sehr stutzig. Wurde den Sicherheitskräften nach den Ereignissen Anfang Juni nicht seitens der Veranstalter vorgeworfen, durch den Einsatz so genannter Greiftrupps zur Festnahme von Verdächtigen maßgeblich zur Eskalation beigetragen zu haben? Diese waren mitten in die Versammlungen marschiert, um vermeintliche Gewalttäter unmittelbar festzusetzen und hatten für Unmut unter allen TeilnehmerInnen gesorgt. (…)

Die außerparlamentarische Linke sollte sich überlegen, was sie wirklich möchte: Die Beibehaltung der so genannten Null-Toleranztaktik inklusive sofortiger Festnahmen und damit einhergehender massiver Behinderung der Veranstaltung – oder aber ein abwartendes, überlegtes Vorgehen der Polizeikräfte gegen Straftäter. Eine Mischung aus beidem kann es nicht geben. Die Polizei, vor allem ihre Führungsetage, hat sich in der Vergangenheit zu zahlreichen Anlässen unmöglich verhalten, und nicht selten wirken die Krawallen politisch gewollt. Nichtsdestotrotz täte auch die radikale Linke gut daran, nicht immer die Schiene der unbedingten Konfrontation zu fahren. Name und Anschrift sind der Redaktion bekannt

Die Verteidigerinnen haben darauf verzichtet, ihre Irritation und ihr Befremden sowie ihre Zweifel daran, dass der Tatbestand des Landfriedensbruchs erfüllt sei, in der nächsten Instanz klären zu lassen – das Vertrauen in die rechtliche Relevanz der eigenen Darstellung war wohl nicht besonders groß. Hoffentlich erkennt der Verurteilte, dass sein Verhalten dem Kampf gegen Faschismus abträglich ist. Wenn dieser Kampf nicht strikt rechtsstaatlich geführt wird, nützt er den Extremisten. Es darf auch kein augenzwinkerndes oder klammheimliches Einverständnis mit denen geben, die sich unter Anmaßung der Befugnisse von Bundesverfassungsgericht und Polizei darauf versteifen, rechte Demonstrationen zu verhindern. Auch schwer erträglichen politischen Meinungsäußerungen muss – sofern sie noch nicht unsere Rechtsordnung verletzen – mit politischen Mitteln begegnet werden. (…) Es gilt, allen menschenfeindlichen und gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichteten Einstellungen und Bestrebungen entschieden entgegen zu treten, aber gerade deshalb auch die grundgesetzlichen Rechte aller nicht verbotenen Parteien und Organisationen zu respektieren. HOLGER GUNDLACH