Kein Geld, kein Bedarf, keine Lehrer

SCHULE Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft will angesichts mangelnder Transparenz gegen das Einstellungsmoratorium bei den Referendaren klagen. Die Linke warnt vor einer Versorgungslücke

Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) wirft die GEW „Verwaltungshandeln des Feudalismus“ vor

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält das Einstellungsmoratorium für Referendare im Bremer Schuldienst für nicht rechtens. „Das Ressort hat die Grundlage für diese Entscheidung überhaupt nicht offengelegt“, sagt Jürgen Rethmeier, GEW-Rechtsschutzreferent. In den letzten Tagen hatten rund 500 angehende LehrerInnen vom Bildungsressort Post erhalten. „Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir zum Einstellungstermin 1.11. in diesem Jahr keine Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen können“, stand darin. Der Grund: „Die Gesamtzahl der im Haushalt 2011 finanzierten Ausbildungsplätze ist bereits ausgeschöpft.“

„Das Ressort ist gesetzlich verpflichtet, die Berechnung der Einstellungskapazitäten in einer Verordnung dazustellen“, sagt Rethmeier. Genau das habe die Behörde aber unterlassen: „Eine Festlegung von freien Kapazitäten durch eine Rechtsverordnung konnte zum 1.11. nicht erfolgen“, schloss das Schreiben an die abgelehnten Bewerber. Seines Wissens sei ein solcher Einstellungsstopp „bundesweit zum ersten Mal mit einem so trockenen Brief bekanntgegeben“ worden, sagt Rethmeier. Der Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) wirft er deshalb „Verwaltungshandeln des Feudalismus“ vor. Die angehenden LehrerInnen hätten nach dem 1. Staatsexamen einen grundgesetzlichen Anspruch darauf, ihre Ausbildung zu vollenden. Der sei zwar dadurch beschränkt, dass der Staat begrenzte Haushaltsmittel habe. Doch genau das hätte das Landesinstitut für Schule in einer „gerichtsfesten Berechnung nachvollziehbar machen müssen“, sagt Rethmeier.

Beim Bildungsressort sieht man die Sache naturgemäß anders. „Für den Termin am 1.11. hatten wir schon 530 Leute im System“, sagt Ressortsprecherin Karla Goetz. „Für mehr gibt es eben kein Geld.“ Da bedürfe es auch keiner Verordnung. Grund sei, dass zum 1. Februar besonders viele Referendare eingestellt wurden. „Da hatten wir besondere Bedarfe.“ Zu jener Zeit seien besonders viele Bewerber mit sonderpädagogischer Ausbildung eingestellt worden – solche braucht es für die Umsetzung der zur Regel werdenden inklusiven Beschulung von Kindern mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen. All jene, die zum 1. November nun leer ausgehen, würden Anrechnungspunkte bekommen. „Die haben nächstes Mal deutlich bessere Aussichten.“

Eine der nicht eingestellten Bewerbern ist Janne N. (Name geändert). Sie hat den inzwischen abgeschafften Studiengang Behindertenpädagogik in Bremen abgeschlossen. „Der war von Anfang an auf genau das ausgelegt, was jetzt gefragt ist: keine Sonderpädagogik für Sonderschulen, sondern die gemeinsame Beschulung aller Kinder,“ sagt sie. Nun, da die inklusive Schule zur Regel werde, sei dies die beste Ausbildung. „Wir haben sozusagen ‚Eine Schule für alle‘ studiert.“ Sie erwägt, Widerspruch gegen die Ablehnung der Einstellung zu erheben.

Die Linken-Fraktionsvorsitzende Kristina Vogt glaubt, dass durch das Moratorium eine Versorgungslücke an Bremens Schulen entstehen werde. Die Schulen hätten nachkommende Referendare mit guten Abschlüssen und speziellen Fächerkombinationen fest eingeplant: „In so einer Situation kann die Behörde nicht einfach sagen, dass genug Referendare im Umlauf sind“, sagt Vogt. Auch den BewerberInnen, die sich „nach bereits erteilten Zusagen jetzt in einem anderen Bundesland umsehen müssen“, werde „schon mutwillig vor dem Kopf gestoßen.“

Für den kommenden Dienstag hat die CDU-Bürgerschaftsfraktion eine Sondersitzung der Bildungsdeputation beantragt. Dort solle das Ressort nicht nur „detaillierte Begründungen“ für die geplanten Stundenstreichungen an Oberstufen und Grundschulen geben. Auch die vorzeitige Besetzung der Referendariatsstellen will die CDU zum Thema machen. CJA