Das Selbstverständliche erkämpfen

Sicher lässt sich trefflich darüber streiten, ob all die post-, neo-, retro- und queerfeministischen Theorien und Praktiken wirklich emanzipativ wirken oder nur hilflose Versuche sind, sich wenigstens im Kleinen den übermächtigen gesellschaftlichen Verhältnissen entgegenzustemmen. Überhaupt nicht streiten hingegen lässt sich darüber, dass die weiterhin verbreitete Auffassung, dass Opfer sexueller Übergriffe durch Kleidung und Verhalten gewissermaßen Mitschuld an diesen Übergriffen trügen, uninformiert, entwürdigend und keineswegs zielführend ist. Jener kanadische Polizeibeamte, der mit seiner laxen Bemerkung zu Schlampen („dressing like sluts“) eine globale Bewegung angestoßen hat, muss sich exemplarisch auf SlutWalks in aller Welt fragen lassen, warum er Frauen auffordert, sich nicht vergewaltigen zu lassen, statt Männern das Mantra mitzugeben, dass sie nicht vergewaltigen sollen. Das selbstbewusste und eigentlich selbstverständliche „No means no!“ bedarf anscheinend immer noch weiterer Streuung. Eine Möglichkeit die Botschaft zu verbreiten, bietet sich heute beim SlutWalk von Schöneberg nach Mitte. Die LaD.I.Y.fest-Party am Abend in Kreuzberg ist danach ein guter Ort, sich vom Straßenkampf bei Livemusik, Show und Djs zu erholen. Und dann können alle hoffen, dass auch abseits ihrer neo-, post-, retro- und queerfeministisch geschulten Zusammenhänge die eine oder andere simple Wahrheit über sexuelle Selbstbestimmung zumindest kurzzeitig auch in der breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Viel Glück dabei! KRT

■ SlutWalk Berlin: 13. August, 15 Uhr, ab Wittenbergplatz

■ LaD.I.Y.fest Berlin: 13. August, 20 Uhr, SO 36, Oranienstr. 190