Ein Stadtwerk zum Mitbestimmen

ENERGIE Stadtwerks-Ideen liegen im Trend. Auf einer Diskussion geht es darum, zu klären, wie sich Bürger beteiligen können

„Es läuft ein bisschen langsamer, als ich mir das eigentlich wünsche“

Wirtschaftssenator Harald Wolf

VON SVENJA BERGT

Ein bisschen schwammig ist sie schon, die Idee des kommunalen Stadtwerks, mit der Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) seit knapp einem Jahr durch die Stadt läuft. Ökologisch und sozial soll es sein und die Bürger mit einbinden. Doch bis auf die Tatsache, dass es Gespräche mit Berliner Unternehmen wie Stadtreinigung und Wasserbetrieben gibt, bleiben Form und Umsetzung im Dunkeln.

„Es läuft ein bisschen langsamer, als ich mir das eigentlich wünsche“, bekannte Wolf nun auf einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend. Das Thema: kommunale Stadtwerke und die Frage, wie man Bürger daran beteiligen kann. Mit einer Genossenschaft? Jeder Bürger eine Stimme? Alle Sitzungen live streamen? Und ist das überhaupt möglich, eine einigermaßen sinnvolle Bürgerbeteiligung mit 3,4 Millionen Einwohnern? Klar ist: Je mehr Bürger direkt mitbestimmen, desto weniger Einfluss bleibt den Volksvertretern.

Das erste und naheliegende Modell einer Genossenschaft fiel beim Publikum weitgehend durch. Ulrich Martin Drescher, unter anderem bei den mittlerweile genossenschaftlich organisierten Elektrizitätswerken Schönau (EWS) aktiv, hatte eine Lanze für die Genossenschaft gebrochen. Und davon geschwärmt, wie schnell man Geld zusammenbekomme, wenn man nur ein konkretes, sinnvolles Projekt vorstelle.

„Schönau ist nicht Berlin“, kommentierte das Roman Denter, der unter anderem beim Volksbegehren für den Rückkauf der Energienetze in Hamburg aktiv ist. So sah es auch das Publikum: „Ich finde es falsch, Mitbestimmungsmöglichkeiten an Geld zu koppeln“, sagte eine Zuhörerin. Außerdem, so rechnete es ein Zuhörer vor: Bei 500 Euro Startkapital, die üblich seien bei einer Genossenschaft und einer angenommenen Beteiligung von einer Million Berlinern, kämen gerade mal 500 Millionen zusammen. „Das ist nicht die Größenordnung, mit der man da auskommt.“ So ist das, man will über Beteiligungsmöglichkeiten sprechen und landet ganz schnell beim Geld.

Laut Drescher ist es zentral, die Bewohner mitzunehmen: „Wenn wir die Netze haben, dann müssen wir auf die Dächer der Leute für die Solaranlagen und in die Keller für die Blockheizkraftwerke und dazwischen, da muss Energie gespart werden.“ Die Energienetze. Dass die nach dem Ende der derzeitigen Konzessionsverträge 2013 und 2014 wieder in die Hand des Landes gehören, darin bestand am Donnerstagabend kein Zweifel.

„Eine Genossenschaft kann nur ein Teil demokratischer Kontrolle sein, weil sich nur ein Teil der Gesellschaft daran beteiligen kann“, folgerte Wolf. Was also darüber hinaus? Ein Modell, angelehnt an die Stadtwerke aus dem kalifornischen Sacramento, wo die Einwohner unter anderem über bezirkliche Bürgerversammlungen, Volksentscheide und öffentliche Vorstandssitzungen eingebunden sind? „Das wäre rechtlich gesehen auch in Deutschland machbar“, sagte Denter. Wolf blieb vorsichtig: „Es muss zunächst mal eine politische Bewegung dahin geben.“ Einfach eine Gesetzesänderung oder ein neues Gesetz, um bezirkliche Bürgerversammlungen zur Mitbestimmung einzurichten, damit sei es nicht getan.

Bürgerbeteiligung wünschte sich Wolf noch mehr – am besten als Rückenwind für die eigene Politik. Ein Volksbegehren für den Rückkauf der Netze, das könne er sich auch in Berlin gut vorstellen. „Ich glaube, das kann man nicht einfach Koalitionsverhandlungen überlassen.“

Drescher überlegte, die Berliner Genossen der EWS anzuschreiben, um „mal einen Startschuss zu setzen“. Das könnte ganz im Sinne von Malte Schmidthals vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen sein. Der forderte zum Schluss, über das ganze Diskutieren das Anfangen nicht zu vergessen.