Harald Keller Der Wochenendkrimi
: Hölzern auf den Fluren

Jetzt also der zweite Anlauf. Die Ausstrahlung des „Tatorts“ mit dem Titel „Wunschdenken“, der erste Schweizer Beitrag zur Reihe seit bald zehn Jahren, war ursprünglich für den 17. April vorgesehen. Doch der Film wurde vom Schweizer Fernsehen, wo zwischen Konzeption und Drehschluss ein Wechsel in der zuständigen Abteilung stattgefunden hatte, zurückgezogen. Presseberichten zufolge monierte Kulturchefin Nathalie Wappler „fehlenden Witz, Spannung und Lokalkolorit“ und veranlasste eine Überarbeitung des Materials. Gern hätte man mal gesehen, wie die ursprüngliche Version dieses Films aussah. Denn was am Sonntag über den Sender gehen wird, ist eine Bewerbung um den Titel „schlechtester ‚Tatort‘ des Jahres“.

Wir begegnen Reto Flückiger (Stefan Gubser), bekannt aus den Bodensee-„Tatorten“. Er hat sich nach Luzern versetzen lassen, will vor Antritt der neuen Stelle noch einen Segelurlaub absolvieren, wird aber gleich eingespannt, als die spektakuläre Entführung eines Lokalpolitikers für Aufregung sorgt. Ein ortsfremder Beamter als leitender Ermittler in einer derart brisanten Angelegenheit? Hm. Und trotz ablaufenden Ultimatums lassen sich die Kriminalisten nicht hetzen, verharren hölzern auf den Fluren und tauschen gestelzte Sätze wie „Wieso entführt man den so kurz vor den Wahlen? Hoffentlich ist das nichts Politisches“ oder „Wie lange überlebt man eigentlich ohne Essen und Trinken? Nicht lang.“

Ungelenk wird eine erotische Affäre zwischen Flückiger und der Austauschpolizistin Abby Lanning angezettelt. Sofia Milos erledigt das mit sibyllinischem Lächeln. Dass sie wirklich schauspielen kann, zeigte die US-Sitcom „Café Americain“. Aber damals wirkten die Gesichtszüge der nach eigenen Angaben 42-Jährigen deutlich lebendiger. Jetzt verdingt sie sich halt als Blickfang für dürftige Krimis. Bekennende Scientologen haben offenbar ein Händchen für schlechte Drehbücher.

Schweiz-„Tatort: Wunschdenken“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD