HAM WA IN BERLIN OOCH
: Pointe gibt es keine

Zwanzig Journalisten stürzen sich auf zwanzig bezahlte Vortänzer

Kennen Se den schon? Treffen sich zwei Zugezogene mit Sperrstunden-Hintergrund in einer Bar. Sagt der eine: „Ey, bei uns in London gibt’s Technopartys nicht nur nachts, sondern jetzt auch früh morgens!“ Sagt der andere: „Super Idee, das machen wir hier auch! Endlich mal in den Sonnenaufgang tanzen. Wär doch mal was ganz Neues!“

Eine Pointe gibt es keine, ist ja auch schon blödsinnig genug. Dafür aber die erste Pre-Work-Party in Berlin. Morgens um halb sieben trudeln die ersten fünfzig in der Neuen Heimat auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain ein. Zwanzig Journalisten stürzen sich auf zwanzig bezahlte Vortänzer in Aerobic-Kluft, die zehn zahlende Gäste auf Tanzlaune trimmen. Kameraleute halten mit ihrem Flutlicht auf ihre Interviewpartner, Fotografen knipsen sich um Kopf und Kragen, Sat.1 sendet fünf Liveschaltungen für das Frühstücksfernsehen. Unschuldige Frühaufsteher auf dem Präsentierteller. Poppiger Gymnastik-Funk aus den Boxen. Wie bei Tele-Gym auf Bayern alpha. Ein Medienfake.

Für Berlin ist die Idee, morgens bei Vogelgezwitscher in den Club zu gehen, nicht ganz so bahnbrechend. Trotzdem geben sich die Veranstalter wirklich Mühe. Die Animateure müssen sein, weil das Publikum gehemmt und zu wenig zugedröhnt ist. Außerdem gibt es guten Kaffee und Chaitee und grüne Smoothies. Ein Brötchen, ein Küchlein, eine Yoga-Ecke. Lauter gesunder Kram für den Kickstart ins Büro. Auch wenn hier keiner so aussieht, als würde er ins Büro wollen. In Goldleggings und mit Glitzer im Gesicht.

Anderthalb Stunden später füllt sich der Saal dann doch. Nebenan im Cassiopeia, im Suicide Circus und im Crack Bellmer war wohl nicht mehr so viel los. Die Medienäffchen sind da schon längst abgezogen. Mit exklusiven Bildern vom nächsten großen Ding aus der hippen Hauptstadt im Kasten. PHILIPP BRANDSTÄDTER