Preiskappung führt zu Schwarzmärkten

Die gesetzliche Festlegung einer Obergrenze für Nahrungsmittelpreise hat in Simbabwe zu keiner besseren Versorgung der Bevölkerung geführt. Stattdessen schließen immer mehr Läden, Arbeitsplätze gehen verloren. Wer Geld hat, kauft im Ausland

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Die Schlangen an den Grenzübergängen zu Botswana und Südafrika werden länger. Mit dem rasanten wirtschaftlichen Zusammenbruch in Simbabwe nehmen immer mehr Menschen auch erhebliche Wartezeiten in Kauf, um in den benachbarten Ländern Lebensmittel zu kaufen. Denn Brot, Zucker, Tee, Milch, Maismehl und Öl – die Dinge für das tägliche Überleben – sind im eigenen Land weitgehend aus den Regalen verschwunden. Begonnen hatte der Ausverkauf, nachdem Präsident Robert Mugabe den Geschäftsleuten Anfang Juli befohlen hatte, die Preise um 50 Prozent zu senken.

Inzwischen gibt es kaum noch Benzin an den Tankstellen, Strom- und Wasserversorgung werden immer häufiger abgedreht. Die Armen zahlen den Preis für den durch das Regime verursachten politischen und wirtschaftlichen Niedergang in Simbabwe. Die Reichen, darunter viele Regierungsangehörige, können Güter importieren.

Die Krise in Simbabwe hat sich seit Jahren zugespitzt und ist heute dramatischer denn je. Nichts ist übrig von dem einst blühenden Land, das als Brotkorb der Region geschätzt wurde. Grund ist der autokratische Kurs der Regierung Mugabes und seine politische Alleinherrschaft ohne Rücksicht auf die Bevölkerung. Im Mai gaben offizielle Statistiken aus Simbabwe die Inflation noch mit 4.500 Prozent an, inzwischen werden gar keine Zahlen mehr herausgegeben. Ökonomen gehen davon aus, dass sich die Abwertung derzeit um 9.000 Prozent bewegt.

Mit Mugabes Landreform, die in den letzten sieben Jahren mit Gewalt und Terror rund 4.000 weiße Farmer vertrieben hat, brach auch die Agrar- und Tabakwirtschaft in Simbabwe zusammen. Die geplante Umverteilung an schwarze, landlose Farmer hat kaum stattgefunden. Und wenn doch, wurden die neuen Besitzer nicht unterstützt, sodass sie die Felder oft gar nicht erfolgreich bestellen oder abernten konnten. Zudem eigneten sich viele Parteibonzen große Farmen an, ohne sie zu bewirtschaften.

Die Festsetzung der Preisobergrenze war der vorerst letzte Versuch Mugabes, die Preise für Güter, hauptsächlich Lebensmittel, zu kontrollieren, die sich bereits innerhalb von einer Woche verdreifacht hatten. Gerechtfertigt hatte ihn der Präsident mit der Erklärung, die Menschen müssten wegen der Eskalation von Preisen hungern. Er warnte, die Regierung werde Fabriken enteignen, die als Reaktion auf die Vorgabe die Produktion verweigern würden. Und behauptete, die Preiseinschränkungen seien speziell für die Geschäftsleute gedacht, die seine Regierung durch wirtschaftlichen Druck in die Knie zwingen wollen. Tatsächlich ließ das Regime mehr als 200 Ladenbesitzer in der Hauptstadt Harare durch brutale Sicherheitskräfte und Milizen verhaften – sie hätten ihre Preise in die Höhe getrieben.

Doch die Konsequenz daraus ist, dass immer mehr normale Läden schließen und stattdessen der Schwarzmarkt blüht. In Chitungwiza, etwas außerhalb von Harare, machten beispielsweise eine ganze Reihe von Fleischereien dicht. Die Polizei hatte dort niedrigere Preise durchgesetzt, für die Besitzer lohnte sich das Geschäft nicht mehr. Die Angestellten verloren ihre Arbeit, und das Fleisch wurde zum alten Preis auf neuen Ständen vor den Einkaufszentren angeboten.

Auch die Preise an den Tankstellen sind weitgehend nicht gesenkt worden. Denn die Besitzer geben an, sie bräuchten ausländische Währung, um Diesel und Benzin zu importieren. Diese müssten sie jedoch auf den informellen Märkten zu einem Wechselkurs von 120.000 Simbabwe-Dollar für 1 US-Dollar kaufen. Der öffentliche Verkehr liegt lahm. „Die Regierung sollte inzwischen gelernt haben, dass die politische Regulierung der Wirtschaft nichts hilft“, sagte John Robertson, Volkswirt in Harare.

Der Mangel an Grundnahrungsmittel macht auch das Überleben in den ländlichen Gebieten immer schwieriger. Internationale Organisationen lassen Hilfslieferungen durch einheimische Partner an Gemeinden verteilen. Die Menschen sind verzweifelt. Jeden Monat sterben schätzungsweise 3.500 Simbabwer an Armut oder HIV-Infektionen, berichten die Hilfsorganisationen. Es trifft besonders Kinder, die schon an Unterernährung leiden, und Ältere. Die Lebenserwartung ist in vielen Teilen des Landes auf vierzig Jahre gesunken. Schulen bleiben häufig geschlossen. Die jüngsten Ernten fielen schlecht aus: Die Vereinten Nationen warnen, dass in diesem Monat rund zwei Millionen Menschen ernsthaft von Nahrungsmittelknappheit bedroht sind.