Allzeit gute Fahrt

betr.: „Im August wollen die Lokführer streiken“, taz vom 20. 7. 07

Lokführer fordern mehr Geld. Ist das unverschämt? Aber selbstverständlich, denn immerhin wollen sie 31 Prozent mehr Lohn (diese Prozente beinhalten allerdings schon sämtliche Nachtzuschläge usw.). Dass sich die Führungsköpfe des Bahnvorstandes ihre Gehälter mal eben so um etwas mehr als 260 Prozent erhöht haben, spielt natürlich hierbei keine Rolle. Nun gibt es Leute, die sagen, „ich verdiene so wenig und arbeite so viel, deshalb soll es dir nicht anders gehen“. Das ist die richtige Einstellung und freut den deutschen Arbeitgeber – Unrecht muss mit Unrecht ausgeglichen werden.

Ein Lokführer, der für unzählige Leben verantwortlich ist, der in drei Schichten ohne jeglichen Rhythmus arbeitet und dafür je nach Alter mit 1.900 bis 2.100 brutto nach Hause geht, ist aber auch zu unverschämt, wenn er mehr Lohn fordert. (Zum Vergleich: eine Briefzustellerin im Beamtenverhältnis in den westlichen deutschen Bundesländern bekommt etwa 2.300 Euro netto). Auch grenzt es an Dekadenz, einen eigenen Tarifvertrag für Lokführer zu fordern – er soll gefälligst zufrieden sein, dass seine Interessen mit denen der in der Verwaltung arbeitenden Büroangestellten = 5-Tage-Einschicht-Woche, gleichgestellt werden, sprich: sie, die Lokführer, werden nicht wahrgenommen. Und das ist auch gut so. Für die Chefs. Weil kostengünstiger. Die nächste Gehaltserhöhung für den Vorstand darf ja nun mal nicht flöten gehen! Keiner regt sich auf, dass ein Fußballer in drei Spielzeiten – oder weniger – mehr als ein Lebensarbeitsentgelt eines Ottonormalverdieners bekommt, keiner regt sich über Topmodels auf, die Millionen verdienen, weil sie Schlüpfer vorführen oder anderweitig kreativ sind. In diesem Sinne: allzeit gute Fahrt und vielleicht ein wenig weniger Frust, wenn der Zug mal später kommt. PETRA GLINKA, Berlin