Euro klettert auf neuen Rekordstand

Der Stärke des Euro steht die Schwäche des Dollar gegenüber. Noch kann die deutsche Wirtschaft auf dem Weltmarkt mithalten. Nur ein Zehntel der Euro-Exporte werden in Dollar abgewickelt. Doch langfristig leidet die Wettbewerbsfähigkeit

VON NICOLA LIEBERT

Nicht nur auf den Aktienmärkten werden derzeit Rekorde erzielt, sondern auch auf den Devisenmärkten. Gestern erreichte der Euro ein neues Allzeithoch von 1,3833 Dollar – und ein Ende des Kursanstiegs ist nicht absehbar. Seit Jahresbeginn hat die europäische Einheitswährung schon gut 15 Prozent gegenüber dem Dollar gewonnen – und 66 Prozent seit Oktober 2000, als der Eurokurs bei 0,83 Dollar seinen tiefsten Stand erreichte.

Die Stärke des Euro ist zugleich die Schwäche des Dollar. Lange Zeit war die Geldanlage in Dollar attraktiv gewesen, weil in den USA höhere Zinsen zu bekommen waren. Doch im vergangenen Sommer stoppte die US-Notenbank Fed bei einem Satz von 5,25 Prozent ihre lange Reihe von Zinserhöhungen. Sie reagierte damit auf die Abschwächung der US-Konjunktur.

Europa dagegen verzeichnet ein kräftiges Wirtschaftswachstum. Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte munter die Zinsen immer weiter auf derzeit vier Prozent – ein baldiges Ende des Aufwärtstrends wird nicht erwartet. Die Folge: Die Nachfrage nach Euro wächst, die nach Dollar nimmt ab.

Unter besonders starken Druck gerät der Dollar zurzeit wegen der Krise auf dem US-Immobilienmarkt. „Im Moment ist die Hypothekenkrise das alles beherrschende Thema, und die Entwicklung dort ist natürlich nicht gut für den Dollar“, sagte ein Händler in Frankfurt. Gerade erst waren zwei große Hedgefonds durch hochspekulative Hypotheken-Deals in die Krise geraten. Sicherheitshalber verkaufen Investoren in großem Stil Dollar-Anlagen und stecken das Geld lieber in weniger riskante Staatsanleihen, die auf Euro lauten.

Problematisch kann so ein Kursanstieg für die Wirtschaft werden. Durch den teuren Euro werden auch europäische Exporte auf dem Weltmarkt immer teurer. Weil er Wettbewerbsnachteile für die heimische Wirtschaft befürchtet, hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy unlängst von der EZB gefordert, die Zinsen zu senken und so die weitere Aufwertung zu verhindern. Die EZB aber verweist auf ihre Unabhängigkeit. Keinesfalls will sie sich für die Konjunktur- und Industriepolitik der Regierungen einspannen lassen. Ohnehin wiegeln die Notenbanker ab: Die Euro-Stärke reflektiere eben „die Stärke der wirtschaftlichen Entwicklung in Europa“, erklärte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark.

Der hohe Eurokurs hat sich tatsächlich bislang kaum negativ ausgewirkt. Deutschland konnte seinen Rang als größte Exportnation der Welt verteidigen. „Panik ist unangebracht“, findet auch der Präsident des Bundesverbandes des Groß- und Außenhandels, Anton Börner. Zum einen exportieren viele Unternehmen in Länder, die entweder auch den Euro eingeführt haben oder ihre eigenen Währungen am Eurokurs ausrichten. Nur zehn Prozent der Exporte aus der Eurozone werden laut Stark überhaupt in Dollar abgewickelt. Gerade deutsche Firmen, etwa die Maschinenbauer, besetzen zum anderen weltweit Nischenmärkte, wo wenig Konkurrenz droht und wo es deshalb nicht nur auf den Preis ankommt.

Doch auf längere Sicht könnte sich das Bild noch verdüstern. Im letzten Jahr konnten deutsche Konzerne bei Bedarf durchaus mal mit dem Preis runtergehen, denn dank niedriger Zinsen und moderater Lohnentwicklung waren auch ihre Kosten gering. Doch Zinsen und Löhne ziehen an. Unangenehme Konkurrenz entsteht zudem durch die Schwäche des japanischen Yen und des chinesischen Yuan. Exporte aus diesen Ländern werden im Vergleich zu europäischen Waren ausgesprochen günstig.