„a tip: tap“

Wer anderen einen Brunnen baut, oder was Weltverbesserungsdiskussionen bewirken können

Rund 30 alternative Orte in Berlin werden auf der Bewegungsplattform vorgestellt. Zum Beispiel das Coop in Mitte oder der Berliner Büchertisch in Kreuzberg. Vielleicht bald auch ein neuer Trinkwasserbrunnen in Neukölln? Auf jeden Fall ist immer viel Platz auch für eure Lieblingsorte. Alle können alternative Orte empfehlen – einfach anmelden und mitmachen.

www.bewegung.taz.de/orte

„Berlins erster Wassermob“ stand auf dem Flyer der Berliner Gruppe „a tip: tap“, mit dem sie vergangenen Samstag in den Bioladen „Biosphäre“ in Berlin-Neukölln mobilisierte. Darunter die Ansage: „Leitungswasser ist toll! Kostet wenig, muss keine Treppen hochgetragen werden und produziert keinen Müll“. Das klang erstmal sehr aufregend. Was hatte das alles zu bedeuten?

Die Auflösung des Rätsels erfolgte am Samstag: Zwischen 9.30 und 14 Uhr sollten die TeilnehmerInnen des Mobs ihre Wochenendeinkäufe in der Biosphäre tätigen. Aus dem Erlös der Aktion will die Gruppe einen neuen Brunnen im Reuterkiez aufstellen. „In Berlin gibt es zu wenig Brunnen. Dabei können sie sehr nützlich sein“, erklärt Initiator Samuel Höller. In Neukölln gebe es nur zwei Brunnen: einen im Britzer Garten und einen in Alt-Rudow.

Inspiriert wurde die Aktion vom sogenannten Carrotmob, bei dem dazu aufgerufen wird, in einem fest umgrenzten Zeitraum bei einem ausgesuchten Ladenbesitzer einzukaufen, der zuvor seine Bereitschaft erklärt hat, einen festgesetzten Teil seines Gewinnes, den er im Rahmen des Carrotmobs erzielt, für die gute Sache zu spenden.

Auch in der Biosphäre drängten sich an dem Wochenende kauffreudige SympathisantInnen, etwa 300 schätzt die Gruppe. Vor dem Laden hatten die AktivistInnen einen Informationsstand aufgebaut. Bei einer zeitgleich stattfindenden Wasserverkostung konnten Freiwillige raten, ob es sich bei dem probierten Wasser um Leitungswasser oder Flaschenwasser handelte. Das Ergebnis: Viele schmeckten gar keinen Unterschied und zogen im Zweifelsfall das Leitungswasser dem Flaschenwasser vor. „Die Aktion ist bei den Leuten sehr gut angekommen“, freut sich Höller.

Die Vorzüge eines Kiezbrunnens liegen für die Gruppe klar auf der Hand: Er sei ressourcensparend, gut fürs Klima und günstiger als Flaschenwasser. Das Leitungswasser in Berlin, mit dem der Brunnen betrieben werden soll, habe eine „hervorragende“ Qualität und eigne sich deswegen, um sich während eines Spaziergangs oder nach dem Bolzen zu erfrischen.

„a tip: tap“ hat sich im September 2010 gegründet, nachdem im Laufe mehrerer „Weltverbesserungsdiskussionen“ beschlossen wurde, dass es das Einfachste und Effektivste sei, die Menschen dazu zu bringen, mehr Leitungswasser zu trinken. Mit ihrem Konzept bewarben sich „a tip: tap“ bei dem EU-Programm „Jugend in Aktion“ und wird nun finanziell von dem Programm unterstützt.

Über die finanzielle Förderung hinaus ist der internationale Austausch ein wichtiger Teil des EU-Programms. Aus diesem Grund arbeitet „a tip: tap“ eng mit der Initiative „Agua del grifo“ aus Bilbao zusammen. Der Kontakt zu der Gruppe kam über Freunde zustande. In der baskischen Stadt sind aktuell 400 Brunnen in Betrieb – 384 mehr als in Berlin. Gemeinsam mit der spanischen Gruppe hat „a tip: tap“ Karten mit den Standorten aller Brunnen in den beiden Städten erstellt. „Die Brunnen sind in Bilbao ein wichtiger Teil des Stadtbildes. Es wäre schön, wenn Berlin sich die Stadt zum Vorbild nimmt“, konstatiert Höller.

Am Samstag kam etwa ein Viertel der für die Inbetriebnahme des Brunnens benötigten 3.000 Euro zusammen. So viel kostet die jährliche Instandhaltung inklusive Wartung und Qualitätskontrolle. Den Anschluss und den Brunnen selbst wollen die Berliner Wasserbetriebe bezahlen. Wer der Gruppe dabei helfen möchte, das notwendige Geld für den Brunnen zusammenzubekommen, kann sich über die Webseite an Höller und seine MitstreiterInnen wenden. Als Akquise-Idee wollen sie bei Gewerbetreibende im Kiez dafür werben, einen monatlichen Beitrag von 10 Euro zu zahlen. Zudem ist geplant, Spendenboxen in Läden und Bars aufzustellen. LUKAS DUBRO

■ Im Netz: atiptap.org