THEATER

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Ja, die Weihnachtszeit. Überall glitzert, singt und bimmelt es. Lichterketten reichen ins Unendliche. Und der Konsumterror tut es auch. Doch wer dieses Fest nicht feiert, aus politischen Gründen oder einfach, weil er einer anderen Religionsgemeinschaft angehört, den kann dieser Tage schon mal so ein richtiges Minderheitsgefühl befallen. Oder wahlweise auch blanke Paranoia. Doch so wird man wenigstens auf diesem Umweg vom Weihnachtsstress erfasst. Marianna Salzmann, Dramatikerin und künstlerische Leiterin des Studio R des Maxim Gorki Theaters, hat eine kleine Weihnachtskomödie verfasst, die einmal die Bühne für die multikulturellen Risiken und Nebenwirkungen freiräumt, die am Rande dieses Festes entstehen. Eine Reihe von Figuren betritt die Szene, deren Geschichten wie Zöpfe ineinander verwoben sind. Und so heißt das Stück auch „Wir Zöpfe“, das von der jungen Regisseurin Babett Grube uraufgeführt wird. Sieben Leute mit Migrationsbiografien, darunter Christen, Juden, Muslime, die sich just zum deutschen Weihnachtsfest berühren. (Gorki-Theater: „Wir Zöpfe“, Premiere am 13. Dezember, 19.30 Uhr)

Auch wenn überall das Fest der Liebe droht – wir können nicht übersehen, dass Krieg statt Friede auf Erden herrscht. Und davon handelt auch das Stück „Die lächerliche Finsternis“ des Dramatikers Wolfram Lotz, das eine Art Übermalung von Francis Ford Coppolas Übermalung des berühmten Romans „Herz der Finsternis“ von Joseph Conrad ist: Ein somalischer Pirat tritt auf, ferner erscheinen zwei Soldaten, die in Afghanistan nach einem Offizier suchen, der im Wahn Kameraden meuchelte. Und wir ahnen schon: Was bei Joseph Conrad der Kongo, bei Coppola dann Vietnam war, ist bei Lotz nun Afghanistan. In subtil dahinplätscherndem Ton erzählt der 1981 im Schwarzwald geborene Autor das Drama vom Wahnsinn der globalisierten Welt, die das Grauen immer schon gern outgesourct hat – weshalb Herzen der Finsternis überhaupt erst entstehen können. (Deutsches Theater: „Die lächerliche Finsternis“, Premiere am 14. Dezember, 20 Uhr)

Ja, und dann wäre da noch das Internet, von dem wir uns längst den Takt für unser Leben diktieren lassen. Was hat das für Auswirkungen auf den Einzelnen? Wie beeinflusst das heutige Arbeits- und Lebenstempo unsere Zeitwahrnehmung? Das fragt die Tanztheaterformation A + B Tanzbau, die dem Umgang mit der Zeit in Zeiten der digitalen Revolution im Ballhaus Naunynstraße schon zwei Tanzabende gewidmet hat. Nun kommt Teil drei, „Das Ende der Helden“, heraus. (Ballhaus Naunynstraße: „Die Ausnahme, Episode III – Das Ende der Helden“, Uraufführung am 11. Dezember, 20 Uhr)