OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Irgendetwas jährt sich ja immer: 40 Jahre „Summer of Love“, Elvis 30 Jahre tot, und der Punk ist auch schon 3.000 Jahre alt. Behauptet zumindest der Titel einer Filmreihe, die in den kommenden zwei Wochen im Lichtblick und Moviemento zu sehen sein wird. Betrachtet man Punk vor allem als Geisteshaltung, mag das ja hinkommen, in rein musikalischer Hinsicht scheint man sich hingegen um 2.969 Jahre verzählt zu haben. Macht aber nichts: Nachdem der Punk mittlerweile auch im Feuilleton der FAZ angekommen ist, sei ihm die kleine Retro gegönnt. Wie es wirklich war Mitte der 70er-Jahre, erzählen etwa die New Yorker Punkrock-Pioniere Ramones in der Dokumentation „End of the Century: The Story of The Ramones“ von Michael Gramaglia und Jim Fields: vor allem langweilig. Doch die Langeweile gebar letztlich die Idee, selbst etwas zu unternehmen; sie schweißte jene Außenseiter zusammen, die sich nicht vom Mainstream der Gesellschaft vereinnahmen lassen wollten. Und das kam in der aggressiven Musik der Ramones dann ebenso zum Ausdruck wie in ihren ironischen Texten. Dass die Ramones am Ende selbst zur Rock-Maschine wurden, die noch jahrelang durch alle Welt tourte, obwohl die Musiker längst nicht mehr miteinander sprachen, ist die traurige Ironie der Geschichte. Doch immerhin „veränderten sie das Antlitz moderner Musik“, wie Joe Strummer in einem Statement meint. Julien Temples zurzeit noch in diversen Kinos laufendes Porträt des Clash-Sängers ist das britische Gegenstück zum Ramones-Film. Und auch die Sex Pistols dürfen in der Reihe nicht fehlen: Allerdings sind sie nicht mit Temples wunderbarer Dokumentation „The Filth and the Fury“ vertreten, sondern mit der ebenfalls von Temple inszenierten satirischen Collage „The Great Rock’n’Roll Swindle“, die den zwar vergnüglichen, doch stets mit Vorsicht zu genießenden Standpunkt ihres Managers Malcolm McLaren widerspiegelt.

Ursprünglich kein Erfolg, heute Klassiker: „Point Blank“ (1967), John Boormans im Rahmen einer Gangster-Rachegeschichte mit dem supercoolen Lee Marvin erfolgende Reflexion über ein kaltes und übertechnisiertes Amerika. Dass der Ire Boorman zwar in den USA Kino machte, jedoch vor allem an europäischen Filmtechniken geschult war, belegt sein Umgang mit Jump-Cuts, verwickelten Rückblenden und überaus innovativem Ton.

Science-Fiction im Alltäglichen zeigt Regisseur François Truffaut in „Fahrenheit 451“ (1966). Die Geschichte von Ray Bradbury handelt nicht von futuristischen Gadgets, sondern von einer totalitären Gesellschaft, in der sich bestimmte Dinge ins Gegenteil verkehrt haben: Die Feuerwehr rückt hier nicht zum Löschen, sondern zum Verbrennen von Büchern aus. Doch Feuerwehrmann Montag (Oskar Werner) rebelliert. Zu einem seinerzeit viel diskutierten Streit zwischen Werner und seinem Regisseur kam es bei den Dreharbeiten: Während Truffaut verlangte, der Mime solle möglichst zurückgenommen und „alltäglich“ spielen, wäre Werner lieber deutlich gefühlsbetonter zur Sache gegangen. LARS PENNING

„The Story of the Ramones“ (OmU) 29. 7. im Moviemento; „Joe Strummer – The Future Is Unwritten“ (OmU) 28./30. 7. im Lichtblick, 31. 7. im Moviemento; „The Great Rock’n’Roll Swindle“ (OF) 28. 7. im Lichtblick, 1. 8. im Moviemento 1

„Point Blank“ 30. 7. im Freiluftkino Schwarzenberg

„Fahrenheit 451“ 31. 7. Sommerkino Kulturforum Potsdamer Platz